Hey Veganer, Hitler war auch Vegetarier!

Transkript

Wenn man gegen Tierausbeutung argumentiert, kann man dabei natürliche auch grobe argumentative Fehler machen aber ich hab noch nie erlebt, dass ein Veganer zu diesem Zweck darauf hingewiesen hätte, dass etwa ein beliebiger Massenmörder Fleischesser gewesen wäre. Auch wenn es natürlich leicht wäre, viele Beispiele zu finden. So eine Argumentation wäre auch sehr beschämend. Viele Veganismusgegner scheinen mit solchen Argumenten aber kein Problem zu haben und verweisen immer wieder gern darauf, dass Hitler „auch“ Vegetarier war.

Es gibt Berichte, dass Hitler gern Hummer, Kaviar, Tauben oder Weißwurst und anderes gegessen hat. Den größten Teil seines Lebens war er sicherlich Fleischesser. Hitler hatte aber wohl starke chronische Verdauungsbeschwerden und Magenkrämpfe und vermutlich aus gesundheitlichen Gründen auf das Anraten seines Arztes hin, seinen Fleischkonsum stark reduziert bzw. sehr mit seiner Ernährung experimentiert und hat sich dann in den letzten Jahren wohl aus diesem Grund -abgesehen wohl von Leberknödeln- immer mal wieder fleischarm ernährt. Man könnte also sagen, Hitler hat in dieser Zeit „auch nur ganz wenig Fleisch gegessen“. Sowas sagt man normalerweise nicht ÜBER Vegetarier sondern als Fleischesser ZU Vegetariern.

Die Angaben dazu sind jedenfalls widersprüchlich. Vor allem sein „Propagandaminister“ Göbbels stilisierte Hitler allerdings stets zu einem asketischem kinder- und tierliebem Übermenschen welcher kein Fleisch aß und auch Alkohol und Tabak ablehnte. Zumindest das mit dem Tabak hat wohl gestimmt. Jedenfalls wollte man sicherlich auch nicht einfach öffentlich verkünden, dass der Führer Blähungen hat.
Es gibt Berichte, dass Hitler den Fleischkonsum am Tisch anderen gegenüber sehr negativ beschrieb und er bezeichnete sich in den letzten Jahren ab 1937 wohl tatsächlich selbst als Vegetarier. Allerdings bezeichnete er sich auch als „Menschenfreund“ und Demokrat. Ich halte es für eine gute Idee, nicht alles zu glauben was Hitler so gesagt hat.
Es gibt Belege dafür, dass Hitler sehr bewusst war, dass die kritische Nahrungsmittelversorgung Deutschlands die auch von Importen abhängig war, sehr viel besser gewährleistet werden könnte, wenn man die verlustreiche Fleischproduktion vermeidet und er soll geäußert haben, dass er wolle, dass alle Menschen sich vegetarisch ernähren. Er lies angeblich davon ab als man ihm sagte, dass das zum Bevölkerungsaufstand führen würde.

„Wir hätten den Nationalsozialismus in Deutschland nicht erfolgreich durchsetzen können, wenn ich die Fleischkost verboten hätte. “
Hitler, Heim, Jochmann: „Monologe im Führerhauptquartier 1941-1944“; 1980; S. 217

Ironisch ist, dass dieses Zitat gelegentlich verwendet wird, um Hitlers Vegetarismus zu beweisen.
In dem freudigen Überschwang über dieses Zitat scheint man aber nicht zu bemerken was für eine interessante Ausage eigentlich darin steckt: Die Durchsetzung des Vegetarismus hätte nach Hitlers Ansicht wohl den Nationalsozialismus verhindert und seine Herrschaft beendet. Nach meiner Ansicht ist das ein ziemlich cooles Argument FÜR den Vegetarismus.
Aber abgesehen davon, ist an diesem Zitat noch etwas bemerkenswert: Man klassifiziert ganze Ethnien als Untermenschen und schlachtet Millionen von Menschen ab. Man führt Krieg gegen den Großteil der Welt und schickt Millionen von Deutschen in den Krieg und in den Tod aber man traut sich nicht, dem Volk das Fleisch wegzunehmen,weil DAS zum Aufstand führen würde. Also kurz gesagt: Juden zu ermorden und im Krieg zu sterben, findet man okay. Aber bei einem Leben ohne Fleisch, da hört für den Deutschen der Spaß auf.

Im Gegensatz zu massiven Antiraucherkampagnen gab es in der Nazizeit jedenfalls niemals öffentliche Aktionen gegen den Fleischkonsum. Im Gegenteil. Hitler ernannte den Reichsbauernführer Richard Walther Darré zum Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft. Darré beschäftigte sich später vor allem mit Methoden zur Erhöhung der Fleischproduktion.
Der „Deutsche Vegetarierbund“ der bereits 1867 gegründet wurde, musste sich 1935 auflösen um der geplanten nationalsozialistischen Gleichschaltung zuvorzukommen. Nur wer sich völkischem und rassistischem Gedankengut geöffnet hatte, konnte weiterbestehen. Nationalsozialistische Vegetarier-Organisationen wurden nicht gegründet.
1933 wurde zwar das Reichstierschutzgesetz erlassen, aber Tierschutz wurde im Nationalsozialismus antisemitisch, biologistisch und rassistisch begründet und als Propagandathema benutzt, um gegen Juden zu hetzen. Wenn Juden Rinder töteten, wurden sie als grausame Untermenschen dargestellt die daran eine sadistische Freude hatten obwohl die Deutschen gleichermaßen Rindfleisch aßen. Durch ein Verbot des Schächtens konnte man die religiösen Freiheiten der Juden einschränken. Muslimischen Kriegsgefangenen wurde das Schächten erlaubt. Später wurden Tierschutzaspekte ohnehin ökonomischen und wehrwirtschaftlichen Zielen zunehmend untergeordnet.
Die überwältigende Mehrheit aller grausamen Despoten sind und und waren -wenn man das auf die reine Ernährung beschränkt- sicherlich keine Vegetarier, geschweige dem Veganer, aber nehmen wir mal an, Hitler hätte -aus welchen Gründen auch immer- tatsächlich kein Fleisch gegessen und sagen wir hypothetisch sogar mal, dass er Veganer war. Das wird in letzter Zeit ja auch zunehmend behauptet. Und weiter?
Den meisten Veganern geht es darum, Leid von empfindungsfähigen Lebewesen zu verhindern und sie setzten sich für Tierrechte ein. Hitler entrechtete und ermordete sogar Angehörige seiner eigene Spezies und schickte selbst die die er zu seiner vermeintlichen Rasse zählte in den Tod. Hitlers Ideologie könnte von ethischem Veganismus kaum weiter entfernt sein.
Aber abgesehen davon, gibt auch andere Gründe, warum sich manche Menschen zumindest vegan ernähren, beispielsweise aus Gesundheitsgründen oder um vegane Lifestyle-Bücher zu verkaufen. Ob Hitler nun wirklich Vegetarier war und wenn ja, aus welchen Gründen, lässt sich wohl nicht mehr zweifelsfrei feststellen aber die Aussage dass Hitler Vegetarier war, ist ungefähr so unerheblich wie die Aussage dass Hitler Nichtraucher war, denn wenn man daraus den Schluss zieht, dass Nichtraucher automatisch Nazis sind oder Verbindungen zwischen Rauchen und Faschismus herzustellen versucht, wird es grotesk. Dieser Fehlschluss tritt aber trotzdem so häufig auf dass er sogar einen Namen hat. Man nennt das Reductio ad Hitlerum (lateinisch „Rückführung auf Hitler“) und die Herleitung geschieht dabei wie folgt:

1. Adolf Hitler ist schlecht
2. Adolf Hitler vertrat die Ansicht X
3. Daher ist Ansicht X schlecht

Wird damit zudem versucht, die negativen Assoziationen zu Adolf Hitler auch auf Vegetarier zu übertragen und diese so abzuwerten, handelt es sich zusätzlich um einen weiteren Fehlschuss den man argumentum ad hominem nennt. Man greift nicht die Argumente einer Person an, sondern die Person selbst.

Es hat sicherlich einen Grund warum immer wieder mit Genugtuung darauf hingewiesen wird, dass Hitler Vegetarier war. Es wird sich hämisch darüber gefreut, wie Vegetarier vermeintlich versuchen, zu verleugnen, dass Hitler „einer von ihnen“ war und dies angeblich am liebsten verschweigen. Das ist ähnlich albern wie die Behauptung dass Nichtraucher schamvoll verheimlichen wollen dass Hitler einer der Ihren war. Man will damit zeigen, dass Vegetarier auch keine „besseren Menschen“ sind. Nur geht es aber eben nicht darum wer der bessere Mensch ist, sondern darum, dass Veganismus besser ist als Tierausbeutung. Und dabei ist die Person unerheblich und das Hitler-Argument unsachlich und unsinnig. Dass Hitler insgesamt ein „schlechter Mensch“ mit einer abscheulichen Ideologie war, kann man sicherlich so sagen. Das macht aber nicht automatisch alle von ihm vertretenen Ansichten und Aussagen falsch.

Dass Hitler Kunstmaler war, heißt nicht, dass Kunst deswegen abzulehnen ist. Hitler hat „die Autobahn“ gebaut. Daraus folgt nicht, dass jeder der Autobahnen baut oder nutzt eine Art Nazi oder ein schlechter Mensch ist.
Hitler behauptete auch „zwei und zwei ist vier“ (1895) Das wird aber dadurch nicht falsch und widerlegt nicht die Addition oder macht Mathematiker zu Nazis. Hitler liebte Kinder (Fotos) und im Nationalsozialismus hat man auch ganz besonders den Wert der der Familie betont. Es wäre natürlich absolut grotesk, jemandem der seiner Mutter etwas Gutes tut, darauf hin zu weisen, dass Hitler 1938 die Stiftung des Ehrenkreuzes der Deutschen Mutter verordnet hat. Dass das eine Scharade und Pervertierung war, ist sicherlich jedem klar. Geht es um Vegetarismus wird es aber plötzlich zu einem Argument und man scheint man es aber für nötig zu halten, auf so eine Argumentation zurückzugreifen.

Das einzige was das alles zeigt, ist, dass man die richtigen Dinge aus den falschen Gründen und auf eine falsche Weise tun kann und dass auch „schlechte Menschen“ gelegentlich Dinge tun die man als gut und richtig bezeichnen würde. Das macht aber die richtigen Dinge nicht falsch.

Wenn nun wieder jemand sagt, dass er Fleisch isst, weil Hitler Vegetarier war, weiß man natürlich dass das absurd ist und nicht wirklich der wahre Grund, aber man kann die groteske Argumentation auch einfach umdrehen: „Du isst Tiere? Sowas schreckliches hat ja noch nicht mal Hitler getan!“

Hey Veganer, Veganismus ist ein Luxusproblem!
Hey Veganer, Der Mensch hat Reißzähne!