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Hey Veganer, Jedem das Seine!

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Wenn Menschen nicht weiter über eine Thematik nachdenken wollen, nutzen sie gern mal Sprichwörter anstelle von Argumenten. Oftmals passiert es dann auch, dass diese aus einem völlig anderen Kontext gelöst und unpassend verwendet werden. Ein besonders verbreitetes Beispiel dafür ist „Jedem das Seine“. Als Veganer hört man das besonders oft.

Dieser Spruch wird meist so verstanden und verwendet, dass jeder das Recht auf eigene Ansichten, Vorlieben und Handlungsweisen haben solle – und dass andere, die diese nicht teilen, sich daran nicht stören oder Kritik üben sollten. Das klingt – oberflächlich betrachtet – erst mal vernünftig und betont tolerant. Leider ist das als derartig allgemeine Forderung ohne weitere Konkretisierungen ein problematischer Spruch, da man damit beispielsweise durchaus auch berechtigte Kritik an schädlichen Handlungen als „intolerant“ darstellen kann.

„Jedem das Seine“ ist als Spruch zudem auch problematisch da er sehr vorbelastet ist. Denn er wurde schon von den Nazis für ihre Zwecke verwendet und am Eingangstor des Konzentrationslagers Buchenwald von innen lesbar angebracht. Er richtete sich also an die Insassen und wurde dort in der Bedeutung „Jedem, was er verdient“ verwendet. Nun ist Spruch deswegen noch nicht grundsätzlich abzulehnen aber vor diesem diesem Hintergrund ist die Gedankenlosigkeit, mit der er verwendet wird durchaus heikel. Und es zeigt, wie solche Aussagen verzerrt, instrumentalisiert und sinnentfremdet werden können. Denn vor allem entspricht diese Verwendung auch kaum noch der ursprünglichen Bedeutung im antiken Griechenland.

Bei „Jedem das Seine“ ging es zwar auch um Verteilungsgerechtigkeit. Aber vor allem meinte Platon damit, dass jeder für eine gerechte und harmonische Gesellschaft das tun solle, was seinem Wesen, seinen Möglichkeiten und seinen Umständen entspricht. Jeder sollte das tun, was ihm am meisten liegt um zu helfen. Es ging nicht darum, dass jeder rücksichtslos tun und lassen und nehmen können soll, was er gerade möchte.

Wenn man nun aber „Jedem das Seine“ auf das Fleischessen anwendet, versucht man damit quasi das Gegenteil zu rechtfertigen. Man rechtfertigt damit, dass man ANDEREN Lebewesen das IHRE NIMMT: Ihre Freiheit, ihre Unversehrt, ihre Nachkommen, ihr Leben -und man beansprucht das für SICH. Oft hört man nämlich auch die Formulierung „mein Fleisch“ und impliziert damit, dass einem die gewaltsam entrissenen Körperteile von Tieren zustehen. Man rechtfertigt damit also praktisch das komplette Gegenteil von dem, was die Aussage eigentlich bedeutete und maskiert das mit diesem Sinnspruch als Toleranz.

Tatsächlich gehörte dieses Fleisch aber anderen Lebewesen mit eigenen Emotionen, Interessen und Bedürfnissen. Wenn man „jedem das seine“ wirklich aufrichtig meinen sollte, und damit nicht nur meint „Fleisch für mich!“ müsste man den Tieren auch ihr Leben lassen.

Hey Veganer, jeder soll essen, was er will!

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Es gibt ja eine Reihe von Begründungen mit denen Fleischesser die vegane Ernährung kritisieren.

Angeblich zerstört die den Regenwald, sie vernichtet Arbeitsplätze, sie belastet das Gesundheitssystem, und so weiter.

Auch kritisieren sich Fleischesser ja untereinander und beklagen mehr oder weniger indirekt immer, dass die anderen -im Gegensatz zu einem selbst- immer zu viel Fleisch essen, zu billiges kaufen und die Massentierhaltung unterstützen. -oder dass sie das falsche Fleisch essen -also  zu Beispiel Hundefleisch statt Schweinefleisch, wie normale Menschen.

Und trotzdem wird auf Kritik am Fleischkonsum regelmäßig mit dem Mantra geantwortet, dass jeder essen soll, was er will. Meistens schon prophylaktisch, bevor ein Veganer überhaupt richtig Kritik geäußert hat.

Toleranz wird ja generell als etwas Gutes gesehen und der Begriff dementsprechend positiv verwendet. Und es klingt natürlich erst mal gut und tolerant wenn man den Standpunkt vertritt, dass jeder essen oder tun können soll, was er will. Nur ist das einfach nicht zu Ende gedacht. Das zeigt sich beispielsweise am sogenannten Toleranz-Paradoxon. Wenn man tolerant gegenüber Intoleranz ist, fördert man quasi die Intoleranz die man damit ja eigentlich kritisiert. Ob Toleranz etwas Gutes ist, hängt also ganz entscheidend davon ab, worauf sie sich bezieht.

Und auf den ersten Blick bezieht diese sich hier natürlich auf das Essen. Aber wenn Veganer Tierprodukte kritisieren, dann geht es nicht einfach um das was da auf dem Teller liegt sondern vor allem um das was es mal war -beziehungsweise darum, was getan werden muss um dieses Essen zu erzeugen.

Angelegenheiten sind schon per Definition Privatsache wenn sie PRIVAT sind, also Unbeteiligte nicht betreffen und beeinträchtigen. Das sind Dinge wie Musikgeschmack, die Frisur, die sexuelle Orientierung,  und so weiter.

Bei Tierprodukten ist das aber nicht der Fall. Nicht nur weil die Produktion tierischer Nahrungsmittel auch katastrophale Umweltauswirkungen, und damit Auswirkung auf alle Menschen hat -insbesondere auf die Ärmsten, sondern auch weil Tierprodukte nun mal aus Tier bestehen oder von Tieren genommen werden und man auch damit das Leben, die Freiheit und das Wohl fühlender Lebewesen beeinträchtigt.

Wenn man Tierprodukte konsumiert, widerspricht man also dem eigenen angeblichen Grundsatz mit dem man das rechtfertigen will. Denn als Tiere essender verursacht man eben genau, dass Tiere NICHT das tun können, was sie wollen. Sie können nicht frei sein, sie können nicht mit ihren Familien zusammen sein oder in sozialen Verbänden leben wie es ihren Bedürfnissen entspricht, Und vor allem können sie spätestens dann nicht mehr leben, wenn sie schlachtreif sind.

Nun sind für manche Menschen Tiere ja leider eher Dinge als Individuen. -zumindest die, die man essen will. Und wenn man sich nur auf das Essen  was aus ihnen gemacht wird, konzentriert, sieht man natürlich erst recht nur Objekte. Aber ein Tier ist eben nicht nur ein „etwas“. Im Gegensatz zu Pflanzen sind das Individuen mit Bewusstsein, Persönlichkeiten, Bedürfnissen und Interessen.

Natürlich ist es in einer freiheitlichen Gesellschaft notwendig, keine unbegründeten Verbote oder Regulierungen zu erlassen. Aber die persönliche Freiheit kann nicht auf die Kosten der Freiheit anderer gehen. Diese Selbstbeschränkung der Freiheit haben diverse philosophische Lehren der Geschichte thematisiert, von den Stoikern bis zur Aufklärung. Auch der Existenzialismus hat betont, dass der Mensch „zur Freiheit verurteilt“ ist – und dass daraus notwendigerweise die Aufgabe erwächst, sich selbst vernünftige Regeln zu geben. Dass man die äußere Freiheit hat, etwas zu tun, heißt noch lange nicht, dass man guten Grund hat, sein Wollen in die Tat umzusetzen – oder dass dies auch eine verantwortungsvolle Handlung wäre.

Aber selbst wenn man sich die aktuelle Gesetzeslage ansieht, ist es eben NICHT so, dass jeder alles essen kann, was er will, und die meisten Menschen das auch gut finden. Natürlich könnte man jetzt dafür argumentieren, dass das aber so sein sollte und dass man konsequenterweise dann natürlich allen Tieren Gewalt antun dürfen muss und dass auch Delphinsteak, Katzengulasch, Hundeschnitzel und Babyrobbenragout für alle legal sein sollte. Das wäre dann an der Stelle zumindest konsequent. Aber die wenigsten werden diese Forderung wirklich so meinen. Oft sind mit diesem „was er will“ hauptsächlich die Tierarten gefordert, die man selbst essen will, weil das hier zufällig so Tradition ist.

Toleranz ist keine Einbahnstraße. Man kann nicht einfach einfordern, tun und lassen zu können, was man will, das aber das nur ausgewählten anderen zugestehen, und auch nur die Sachen die einen selbst nicht wirklich stören. Toleranz bedeutet so viel wie Erduldung und ist eigentlich nur dann eine Leistung, wenn sie  einem selbst etwas abverlangt. Zu akzeptieren, dass andere Menschen sich pflanzlich ernähren, erfüllt dieses Kriterium nicht wirklich. Anders sieht das aus, wenn man die eignen Privilegien teilen müsste, also sich beispielsweise von der speziesistischen Ansicht verabschieden muss, der einzigen Art anzugehören, der eine Bedeutsamkeit zusteht. Und wenn man überlegt, ob man andere Individuen als ethisch relevant erachtet, dann sollte man vor allem darüber nachdenken ob man sich auch auf der anderen Seite dieser Entscheidung wiederfinden können möchte. „Die gehören nicht zu uns“ oder „Das Recht des Stärkeren“ sind dabei Rechtfertigungen, die schon immer blutig und grausam endeten.

Die faire Berücksichtigung von Interessen und Bedürfnissen aller Beteiligten ist hingegen etwas, das man nur schwer gegen einen selbst verwenden kann und das tatsächlich fair dafür sorgt, dass jeder machen kann, was er will -in einem Rahmen wo andere nicht darunter leiden müssen.

Hey Veganer, ihr könnt eh nichts ändern!

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Veganer verursachen laut vieler Fleischesser ja eine ganze Menge Dinge: Sie zerstören Arbeitsplätze, Nutztierrassen sterben aus, es müssen viel mehr Pflanzen angebaut werden, der Regenwald wird für Soja abgeholzt, die Veganerlobby oder ein freiwilliger Veggieday bedrohen massivst demokratische Grundrechte und so weiter. Gleichzeitig ist der Veganismus aber sinnlos, weil man mit einem Verzicht auf Tierprodukte eh nichts ändert. Wenn man nur ganz wenig Fleisch vom beliebten Metzger des Vertrauens kauft, aber dann offenbar doch wieder…
Jedenfalls hört immer wieder Einwände wie etwa, dass Veganer doch eh nichts ändern können. Und dass man, nur weil man vegan lebt, beispielsweise die Massentierhaltung auch nicht abschaffen könnte -und dass das an der Nachfrage insgesamt quasi gar nichts ändert. Und natürlich wird ein Mensch mit einer Ernährungsumstellung die Massentierhaltung nicht im Alleingang aufhalten. Aber implizit stimmt man mit dieser Argumentation ja erst mal zu, dass im Kontext der Ernährung vieles am aktuellen Zustand enorm problematisch ist und man möglichst wirksam etwas ändern sollte: Tierfabriken abschaffen, unnötiges Tierleid verhindern, die Umweltschäden durch die Fleischindustrie minimieren, ressourcenschonender leben -und so weiter. Wenn man es also nicht gerade mit „Nach mir die Sintflut“-Menschen zu tun hat, gibt es also an vielen Stellen durchaus einen Konsens über wichtige Ziele und eine ethische Verantwortung des Einzelnen, zur Umsetzung dieser Ziele beizutragen. Nur wird bestritten -beziehungsweisse ABgestritten, dass das eigene konkrete Konsumverhalten einen nennenswerten Einfluss hat. Und man argumentiert, dass es keinen großen Unterschied macht, wie sich der Einzelne verhält. Deshalb wird quasi abgelehnt, irgendeine Änderung am eigenen Verhalten anzustreben.
Dass jeder einzelne von uns nur geringen Einfluss auf große wirtschaftliche und politische Prozesse hat, gilt im Grunde für alles – egal gegen was man aufsteht und für was man sich engagiert. Auch bei der Wahl macht die einzelne Stimme eines Wahlberechtigten sehr selten einen Unterschied – trotzdem geht in einer demokratischen Wahl die Macht vom Volke aus und die Summe aller Stimmen produziert Mehrheitsverhältnisse, die dann die Politik der nächsten Jahre ganz massiv prägen können. Beim Konsum ist das ähnlich. Wenn Konsumenten ein gemeinsames ethisches Anliegen teilen und sich darüber verständigen – beispielsweise keine Kleidung zu kaufen, die durch Kinderarbeit entsteht – und daraufhin bestimmte Marken gezielt boykottieren oder mit Kampagnenarbeit zum Umdenken bewegen, dann kann das einen signifikanten Unterschied für den Absatz eines Produktes bedeuten. Umgekehrt kann auch STEIGENDE Nachfrage nach gewissen Produkten in relativ kurzer Zeit bemerkenswerte Effekte erzielen: Innerhalb weniger Jahre ist das Angebot an explizit veganen Produkten deutlich gestiegen und hat sich von einem Nischen-Segment im Reformhaus und einzelnen Bio-Läden zu einem wichtigen Bestandteil der Produktpalette auch von Discountern entwickelt, was manche Fleischesser ja schon enorm nervt. In letzter Zeit haben einige Lebensmittelhersteller auf die vermehrte Nachfrage nach veganen Produkten reagiert, indem sie gekennzeichnet haben, welche ihrer Produkte bereits vegan sind – und damit das Einkaufen für viele Veganer erleichtert. Und das wiederum führt dazu, dass es für andere Menschen leichter wird, vegan zu leben, was wiederum die Nachfrage weiter erhöht und es noch leichter macht und so weiter. Neben spezialisierten Firmen und Marktketten für vegane Produkte erkennen auch viele etablierte Lebensmittelhersteller, dass sie ihr Sortiment an die vermehrte Nachfrage nach vegetarischen und rein pflanzlichen Produkten anpassen müssen. Das passiert ja alles nicht von allein.
Die meisten Menschen empören sich darüber, wenn andere ihnen etwas vorschreiben und aufzwingen wollen und über sie hinweg entscheiden. Aber an Stellen, wo sie selbst nachweisbar Änderungen bewirken könnten, werden viele lethargisch. Viele Menschen sind ja durchaus engagiert, wenn es um ihre eigenen Interessen geht. Obwohl sie da allein auch nichts ändern können. Da könnte man fast denken, dass sie doch anderer Meinung sind.
Wenn es um Tierleid geht, meinen viele, dass sie mit der reflexhaften Aussage: „Ich finde Massentierhaltung auch schlecht.“ genug getan haben. Aber wenn man einen ertrinkenden Hund sieht, käme niemand auf die Idee, dass der bloße Kommentar: „Ich finde es auch nicht gut, wenn Hunde ertrinken.“ eine lobenswerte Aussage wäre. Da wären Menschen selbstverständlich der Meinung, dass es sehr wohl eine Rolle spielt, wenn man als Einzelperson einen einzelnen ertrinkenden Hund rettet. Aber bei unzähligen Nutztieren vertritt man dann wohl doch wieder eine andere Ansicht. Wenn es um den Konsum von Tierprodukten geht, scheint man davon auszugehen, dass das eigene Verhalten keinerlei Auswirkungen hat. Sicherlich auch, weil man WILL, dass es keine Auswirkungen hat. Die Aussage: „Ihr könnt eh nichts ändern.“ ist oft eher das Resultat der Überlegung „ICH muss nichts tun, wenn ich nichts ändern kann.“
Tatsächlich ist aber sogar das Gegenteil der Fall. Als normaler Mensch kann man erst mal NUR allein im Kleinen etwas ändern, weil man nur die eigene Lebensführung wirklich steuern kann. Deshalb muss jeder erst mal bei sich selbst anfangen. Jede einzelne unserer Handlungen hat eine Auswirkung. Jede Entscheidung die wir treffen, ist die Chance etwas zu verbessern. Wenn man etwas für falsch hält, kann man das erst mal bei sich selbst ändern und dann den Menschen in seinem Umfeld die Beweggründe erläutern, um damit nicht allein zu bleiben. Und mit jeder Zustimmung wächst das Potential zur Veränderung. Man kann durchs Vorleben andere ermutigen, auch Konsumveränderungen zu versuchen. Oder man kann Menschen, die noch nichts davon wissen, darüber aufklären. Und man kann andere, die ja eigentlich auch den Anspruch haben, etwas zum Positiven zu ändern, in ihrer Entscheidung bestärken. Zu Veränderungen kommt es, wenn eine gewisse Anzahl von Menschen beginnt, sich für etwas einzusetzen. Niemand rettet die Welt allein, aber wenn viele Individuen jeweils ein Stück davon etwas besser machen, ergibt das in Summe riesige Verbesserungen.

Einfach so weiter zu machen wie bisher und die Folgen unseres Handelns zu ignorieren, kann nicht gut gehen. Und die einzige Alternative dazu, ist etwas zu ändern. „Ich will leben, als ob es kein Morgen gäbe, weil es global gesehen keine Rolle spielt und das eh alle machen.“… das ist zwar eine sehr verlockende und einfache Überzeugung. Aber eine, die unvermeidlich ins Auge gehen wird. Es ist einfach ein gravierender Unterschied, ob man eine Gesellschaft von Menschen hat, wo jedes Individuum der Meinung ist „Alleine darf ich alles.“ Oder ob man eine hat, die der Meinung ist, dass man eben nicht alleine ist und gemeinsam stark ist und deshalb zusammenarbeiten kann, sollte und muss, um etwas zu bewirken.

Dass man Diskriminierung, Unterdrückung, Gewalt und Ausbeutung nicht sofort komplett eliminieren kann, heißt das doch nicht, dass man nicht enorm vieles verbessern kann, wenn man sich bemüht, anständig zu leben und zusammenarbeitet, um etwas zu verändern, statt sich der bequemen Resignation hinzugeben. Und weil man mit dem Veganismus allein nicht alle Ziele erreicht, heißt das nicht, dass man das sein lassen sollte, sondern dass man darüber hinaus noch an anderen Stellen ansetzen sollte. Irgendwo muss man anfangen. Und die Tiere in Ruhe zu lassen, ist da doch ein besonders sinnvoller und einfacher Anfang. Man muss ja noch nicht mal viel tun. Man muss hauptsächlich etwas sein lassen und erreicht damit gleich in mehreren Bereichen Verbesserungen.
Wenn man nicht in einer Welt leben will, wo die Stärkeren die Schwächeren unterdrücken, sollte man Schwächeren gegenüber auch nicht so handeln und dementsprechend keine Tiere töten lassen, auch wenn die meisten anderen das nur als ein Problem erkennen, wenn sie gerade selbst die Schwächeren sind.
Es gibt kaum einen Bereich wo, man selbst so direkt Einfluss nehmen kann, wie bei den eigenen Konsumgewohnheiten und beim eigenen Verhalten -insbesondere schwächeren und wehrlosen gegenüber.

Hey Veganer, das ist nur so ein Trend!

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Wenn man die Leute fragt, aber vor allem auch, wenn man sie nicht fragt, dann äußern die in der Regel sehr interessante Meinungen über den Veganismus. Demzufolge scheint dieser nämlich sehr paradox. Er ist beispielsweise eine Art quasireligiöser Fanatismus, gleichzeitig aber auch nur so ein Trend von Leuten ohne festen Standpunkt und naive Mitläufer. Und er hat schon seit Jahrzehnen die Eigenschaft in ein paar Jahren eh wieder vorbei zu sein.

Ein Trend ist grundsätzlich erst mal nur eine Entwicklung und Veränderung. Und das ist der Veganismus auf jeden Fall. Die Zahl der Veganer nimmt immer weiter zu und auch die Zahl der veganen Produkte wächst stetig.
Aber umgangssprachlich wird mit „nur ein Trend“ etwas gemeint, von dem man sicher ist, dass es eh bald wieder vorbei ist, also eben eine Modeerscheinung.
Aber die Vegan Society wurde bereits 1944 gegründet und es wirkt halt schon etwas merkwürdig, wenn man 75 Jahre nachdem allein das Wort definiert und etabliert wurde, noch von „nur so ein Trend“ spricht, -weil man erst vor kurzem davon gehört hat.
Die Gemeinschaft um den Philosophen Pythagoras lehnte den Verzehr alles „Beseelten“ ab. Das was man heute Vegetarismus nennt, geht also sogar mehr als 2500 Jahre zurück. Der Veganismus ist die konsequente und moderne Weiterentwicklung einer solchen Überzeugung. Beim Veganismus beschränkt sich die Berücksichtigung tierischer Interessen nicht auf die Ernährung und sie basiert auf viel konkreter formulierten Grundlagen wie den Interessen und Bedürfnissen empfindungsfähiger Lebewesen.
Aber wenn man den Veganismus als so eine Modeerscheinung ansieht, macht man es sich natürlich einfach.
Für viele Fleischesser fühlt sich der der Veganismus unangenehm an. Er ist unter anderem etwas, das die eigene Lebensweise in Frage stellt und auf gewisse Weise die eigene Identität bedroht, da das Fleischessen identitätsstiftend ist. Fleisch zu essen ist etwas, das man selbst und die meisten Menschen die man kennt, schon immer getan haben und das man immer für normal und richtig gehalten hat -oft ohne wirklich darüber nachzudenken. Aber Veganer lehnen Tierausbeutung ab, weil sie das für unethisch halten. Sie weisen auf die Gewalt dahinter hin und machen die unangenehmen Hintergründe und Zusammenhänge sichtbar. Da möchte man natürlich, dass sie Unrecht haben und dass das bald wieder vorbei ist. Der Veganismus und seine Konsequenzen sind etwas, womit man sich eigentlich gar nicht auseinandersetzen will. Da ist es einfacher, reflexhaft mit Spott, Witzen, Herabwürdigung oder eben mit Kleinreden zu reagieren. Und wenn man den Veganismus als „nur so ein Trend“ abtut, muss sich nicht weiter damit befassen und das alles auch nicht ernst nehmen. Modetrends muss man nicht mitmachen. Wenn man sich einredet, dass etwas, das die anderen tun, nur ein Trend ist bei dem man nicht mitmacht, sieht man sich selbst zudem sogar als selbstsicher, nicht so leicht manipulierbar und individuell – obgleich man damit ziemlich genau dem Mainstream folgt und nur das tut, was alle schon immer seit Anbeginn der Menschheit getan haben.

Natürlich gibt es auch immer mal wieder neue Essenstrends. Paleo, vermeintliche Superfoods, glutenfrei und so weiter. Die Motivation für diese ist aber in der Regel, dass sie von den Vertretern für gesund gehalten werden. Und natürlich hat man auch bei einer ordentlichen veganen Ernährung beachtliche gesundheitliche Vorteile und für manche ernähren sich auch aus diesem Grund pflanzlich. Aber das ist nicht der eigentliche Beweggrund dahinter. Der Veganismus ist – und war immer schon – mehr als eine Ernährung. Veganismus ist keine Modeerscheinung, sondern die bewusste Entscheidung sich von schädlichen und als unethisch angesehen Traditionen zu lösen. Es ist die Weiterentwicklung unserer Ethik. Diese hat sich bisher immer weiter entwickelt. Es ist ungefähr so eine „Mode“ wie die Ächtung von Sklaverei oder die Gleichberechtigung von Frauen. Oder wie Empathie, Gerechtigkeitssinn, Hilfsbereitschaft und Mitgefühl im Allgemeinen. Ja, vielleicht sind solche Dinge leider für manche auch nur ein Trend und für einige noch nicht einmal das. Und es gibt natürlich auch immer Kräfte, die versuchen, solche Entwicklungen umzukehren. Aber nur weil etwas der eigenen Wahrnehmung nach vermeintlich neu ist, heißt das nicht, dass das auch bald wieder vorbei sein wird. Bei solchen orakeligen „Das weiß man einfach“-Prognosen die auf keine wirklich sinnvollen empirischen Daten zurückgreifen können, ist wohl viel mehr der Wunsch der Vater des Gedankens.
Veganismus ist keine Lifestyle-Entscheidung und keine persönliche Vorliebe. Es geht um die fundamentalen Rechte fühlender Lebewesen nicht benutzt, besessen, versklavt, ausgebeutet und für uns Objekte von Annehmlichkeiten und Bequemlichkeit zu sein. Es geht um Gerechtigkeit.
Veganismus für eine Moddererscheinung zu halten, ist jedenfalls nur so ein Modeerscheinung.

Hey Veganer, „die Kinder in Afrika“ wären froh, wenn sie Fleisch hätten!

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Wenn man in der Wurstnation Deutschland witzelt: „Brot für die Welt. Aber die Wurst bleibt hier.“ aber Menschen die den Konsum von Tierprodukten kritisieren gleichzeit empört und vorwurfsvoll auf hungrige Kinder in armen Ländern hinweist, dann liegt die Vermutung nahe, dass es vielen dabei eben nicht um arme Kinder geht, sondern buchstäblich um die Wurst.
Es wird jedenfalls oft gesagt, dass Veganismus ein Luxusproblem wäre und dass „Die Kinder in Afrika“ froh wären, wenn sie Fleisch hätten. Letzteres ist zwar sicherlich richtig, da ein verhungerndes Kind selbstverständlich froh wäre, ETWAS zu essen zu haben, sicherlich auch Fleisch. Aber wenn man damit den eigenen Fleischkonsum rechtfertigen will und Menschen die das Fleichessen ablehnehnen, sogar noch vorwürfe macht, ist das aus mehreren Gründen ziemlich zynisch.

Zunächst instrumentalisiert man mit diesem Argument arme Kinder um den eigenen Luxus zu rechtfertigen, während man gleichzeitig Veganern
„Luxussorgen“ vorwirft. Mehr oder weniger unbewusst versucht man damit, anderen ein schlechtes Gewissen einzureden und dabei das eigene zu entlasten. Aber ein hungerndes Kind rechtfertigt doch nicht den eigenen Fleischkonsum.
3.6 Millionen Kinder haben nicht genug zu essen. 20.000 Kinder verhungern jeden Tag. Wie hilft man denen, indem man hier Fleisch isst? Gar nicht! Gerade UNSER Fleischkonsum verschärft auf verschiedenen Arten den Welthunger und Mangelernährungen, was oft Armut ,Arbeitslosigkeit, Gewalt, bewaffnete Konflikte sowie Flucht und Vertreibung weiter verstärkt.
Die größte und bedeutendste Organisation für Nahrungsspende: „Food for Life Global“ ist vegan, denn sie vertritt die Ansicht, dass das Mitgefühl und der Respekt, der vom Veganismus grundsätzlich ausgeht, das wertvollste Mittel zur  Armutsbekämpfung ist, aber vor allem da die Produktion tierischer Nahrungsmittel aufwändig und verschwenderisch ist.
Der Anbau von Futtermitteln steht in Flächenkonkurrenz zum Anbau von menschlichen Nahrungsmitteln. Und diese Konkurrenz wird zulasten vieler Menschen in ärmeren Regionen ausgetragen. Das nennt man die Trog-Teller-Problematik. Die allermeisten „Nutztiere“ werden nämlich mit großen Mengen an Kraftfutter aus Getreide und Ölfrüchten wie Soja und Raps gefüttert. Nur 43 % der weltweiten Getreideernte dienen direkt als Lebensmittel. In der EU ist es sogar nur ein Viertel. In vielen Fällen könnten Mais, Weizen und andere Getreide unmittelbar für die menschliche Ernährung genutzt werden. Der Großteil landet jedoch in den Futtertrögen von Rindern, Schweinen und Geflügel. Wir verfüttern also die Nahrung armer Menschen an unser „Essen“ und können für Getreide und Soja natürlich viel mehr zahlen als diese, was die Preise in die Höhe treibt. Und unsere Schlachtabfälle, die hier keiner essen will, also etwa Füße, Hälse und Rücken von Hühnern werden dann wieder zu Spottpreisen nach Westafrika exportiert, wodurch dort die Märkte zerstört werden. Zudem sind diese Abfälle oft noch mangelhaft gekühlt, weshalb sie keimbelastet sind. Viehhaltung ist eine der Hauptursachen für den Klimawandel, unter dem vor allem Menschen in Entwicklungsländern besonders zu leiden haben. Eine pflanzliche Ernährung entlastet hingegen die zunehmend knapper werdende Ressourcen wie Anbauflächen.
Eine Studie der University of Minnesota zeigt, dass die Welt dadurch bis 2050 mehrere Millionen Tote verhindern, klimaschädliche Emissionen beträchtlich reduzieren und jährlich Milliarden von Dollar für Umweltschäden und im Gesundheitswesen einsparen könnte.
Hinzu kommt, dass das Konsumverhalten der Industriestaaten weltweit eine wichtige Leitbildfunktion hat, was zu noch schlimmeren Auswirkungen führen würde, wenn arme Länder sich an unserem Fleischkonsum orientieren.

SICHERLICH wären hungrige Kinder auch froh über Fleisch. Aber sie sind nicht einfach SO froh über Fleisch, sondern sie sind froh, weil das gegebenenfalls ihr Überleben und ihre Gesundheit sichern kann, nicht weil es unnötiger Selbstzweck ist, wie bei uns. WAS ihnen das Überleben ermöglicht, wäre an der Stelle erst mal unerheblich. Wenn Veganer in einer Notlage wären und nichts anderes zu essen hätte wären sie auch „froh“ über Fleisch um ihr Leben zu retten.
Noch viel froher wären sie aber beispielsweise über die größeren Mengen Getreide und Soja die erst verlustreich als Kraftfutter in Fleisch umgewandelt werden müssen. Aber wenn sie nich in dieser Situation sind, ist das nun mal ein gravierender Unterschied. Weil es Menschen gibt, die „froh wären wenn sie Geld hätten“ um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, folgt daraus nicht, dass jemand Luxussorgen hat, wenn er es kritisiert, Menschen auszurauben um sich Schmuck zu kaufen.
Und weil jemand dazu gezwungen ist, Gewalt auszuüben um zu überleben, folgt daraus nicht, dass man das beliebig tun kann oder gar aus Sympathie mitmachen sollte -oder dass man sich schämen sollte, wenn man nicht unnötigerweise Tiere töten lässt. Daraus sollte doch viel mehr folgen, dass man versucht, sich dafür einzusetzen, dass diese Menschen nicht mehr dazu gezwungen sind. Um das zu ermöglichen muss man natürlich eine ganze Reihe Probleme lösen: Von Verteilungsschwierigkeiten bis hin zu Nahrungsmittelspekulationen an der Börse.

Aber wenn dieses Mitgefühl für verhungernde Menschen nicht nur eine vorgeschobene Rechtfertigung des eigenen Fleischkonsums ist, dann sollte man zunächst mal damit aufhören Tierprodukte zu konsumieren für deren „Herstellung“ man die Nahrungsmittel der „armer Menschen“ verschwendet.

Hey Veganer, euch fehlt Vitmain B12!

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Der Veganismus ist nicht nur ethisch und ökologisch sehr sinnvoll; eine ordentliche vegane Ernährung kann eine Reihe gesundheitlicher Vorteile haben. Aber oft wird das berüchtigte Vitamin B12 als Argument gegen den Veganismus verwendet. Weil dieses in Pflanzen kaum vor kommt, wird der als eine unvollständige Mangelernährung betrachtet und es wird argumentiert, dass es notwendig ist, Tierprodukte zu konsumieren.
B12 ist ein recht komplexes und heiß diskutiertes Thema. Klar ist, dass B12 unerlässlich ist. Es ist unter anderem wichtig für die Blutbildung, das Nervensystem und die Zellteilung.

B12 wird im Vergleich mit anderen Vitaminen nur in sehr geringen Mengen benötigt. Beim empfohlenen Tagesbedarf gibt es recht viele unterschiedliche Ansichten aber in vielen Fällen liegt der bei etwa 3 Mikrogramm, also nur drei millionstel Gramm. Da nur ein Teil aufgenommen wird, werden teilweise auch höhere Dosierungen empfehlen. Die B12-Speicher des menschlichen Körpers in der Leber und den Muskeln reichen in der Regel für mehrere Jahre, weshalb Mängel nicht von heute auf morgen auftreten. Einen B12-Mangel sollte man aber trotzdem nicht riskieren. Je nach Ausprägung kann das zu Konzentrationsschwäche, depressiven Verstimmungen, Störungen bei der Blutneubildung und im Extremfall zu irreversiblen Nervenschäden führen.

B12-Mangel ist in der weltweiten Gesamtbevölkerung leider weit verbreitet, oft ohne dass die Betroffenen davon wissen. Viele Ärzte sind dafür zudem nicht ausreichend sensibilisiert. Deshalb ist das Supplementieren von B12 allgemein für jeden ein gute Idee, vor allem mit zunehmendem Alter und bei Schwangerschaft. Glücklicherweise ist das auch kein Problem.

Wie gesagt, wird dieses Vitamin häufig als ein Argument gegen den Veganismus angeführt, weil es in Pflanzen kaum vorkommt. Aber zunächst mal ist B12 KEIN Tierprodukt, denn Tiere oder Pflanzen sind -wie auch der Mensch- nicht in der Lage Vitamin B12 selbst herzustellen. Es wird in der Natur von Mikroorganismen – insbesondere Bakterien – produziert.

Diese leben im Wasser, in der Erde, auf der Oberfläche mancher Pflanzen und im Darm von Tieren, einschließlich des Menschen. Da unsere Lebensmittel aber in der Regel industriell gereinigt sind und unser Wasser glücklicherweise geklärt ist, sind die Verunreinigungen nicht ausreichend um den Bedarf an B12 zu decken. Cobalamine kommen durchaus auch in einigen pflanzlichen Lebensmitteln wie Sauerkraut und Bier vor, allerdings schwankt die Menge des enthaltenen B12 stark und besteht zudem zum Großteil aus nicht verwertbaren B12 Analoga. Das sind B12-Varianten ohne Vitaminwirksamkeit. Neueren Forschungen zufolge, ist aktives B12 aber wohl doch auch in manchen Algen in nennenswerter Menge enthalten. Das galt bisher als zweifelhaft.

Im Grunde besteht der Einwand aus zwei Aspekten: Schädlichkeit und Unnatürlichkeit. Beide sind aber nicht stichhaltig.

Industriell hergestelltes B12 ist nachweislich wirksam und unbedenklich. Wo das B12 von den Mikroben hergestellt wird, ob dies im Darm von Tieren oder in Kupferkesseln passiert, spielt für die Wirksamkeit keine Rolle, denn es ist chemisch komplett identisch.
Nur ist letzteres reiner und effizienter da es in der Natur eben meist gemischt mit den Analoga und in schwankender Menge vorkommt. Man kann es also auch besser dosieren. Außerdem nimmt man mit Tierprodukten zwangsläufig weitere Stoffe auf, die oft gesundheitsschädlich sind. Darunter krebsfördernde Hormone, Keime, Antiobiotikarückstände und vieles mehr. B12 kommt zudem vor allem in Innereien vor. insbesondere in der Leber. Aber aus iiiirgend einem Grund, enthält dieses Entgiftungsorgan wohl Schadstoffe, weshalb es gar nicht empfohlen wird, viel davon zu essen. Da ist es schon recht skurril, wenn von manchen Menschen statt dessen das völlig schadstofffreie, synthetisch hergestellte B12 wird als ungesund angesehen.

In einer Studie wurden die B12-Werte verschiedener Personen gemessen. Die Probanden mit den besten Werten, waren nicht die, die die meisten Tierprodukte aßen sondern die, die supplemtierten und angereicherte Nahrungsmittel konsumierten. Tatsächlich ist das Supplementieren von B12 also sogar gesundheitlich vorteilhafter und wirksamer.

Wie Menschen früher ihren B12-Bedarf deckten, kann man nicht ganz eindeutig sagen. Nicht alle konnten B12 aus tierischen Produkten beziehen. Es gab durchaus Bevölkerungsgruppen, die aus verschiedenen Gründen vegan oder nahezu vegan lebten. Das kann Armut gewesen sein, athletische Gründe wie bei den Gladiatoren oder religiöse Gründe wie bei den Jainisten oder den Bischnoi. Man geht aber davon aus, dass das durch die weniger hygienischen Lebensweisen geschah. Gerade auch im Mittelalter hat man es ja mit der Hygiene ja noch nicht soooo genau genommen.
Da Wasser früher nicht geklärt wurde, enthielt es Verunreinigungen wie Exkremente und viele andere Dinge, darunter sicherlich Cholerabakterien und andere unschöne Sachen -aber eben auch Vitamin B12. Heute ist das glücklicherweise anders. Beim Klären wird neben Schadstoffen und Verschmutzungen aber auch enthaltenes B12 entfernt. Theoretisch könnte man nachher wieder B12 zusetzen. Da B12 zu den wasserlöslichen Vitaminen gehört ist eine Überdosierung nicht möglich. Der Überschuss wird einfach wieder ausgeschieden. Aber natürlich kann man durchaus die Ansicht vertreten, dass Leitungswasser weitgehend frei von Zusätzen sein sollte. – Dass wir heute nicht aufgrund von Jodmangel flächendeckend alle an einem Kropf leiden, wie es im 19. Jahrhundert quasi schon fast normal war, liegt vor allem daran, dass wir unser Speisesalz mit Jod anreichen. Es wäre kein Problem das auch mit B12 zu tun. Das einzige was sich dabei merklich für Menschen ändern würde, ist, dass das Salz rosa aussähe, weil B12 in seiner reinen Form

Da das derzeit nicht im größeren Maßstab getan wird, hat man genügend andere Möglichkeiten. Neben einfachen Kautabletten wie Veg-1 oder Jarrows B12, Mundspray oder B12-Kaugummies, gibt es auch diverse angereicherte Nahrungsmittel. Zudem gibt es praktischerweise auch Zahnpasta mit B12, die nachweislich allein durchs Zähneputzen den B12-Spiegel erhöhen kann. Spätestens bei Zahnpasta müsste man merken, dass Natürlichkeitsargumente in diesem Kontext unsinnig sind. Zähneputzen tut man ohnehin. Und das lehnt auch keiner ab, weil es komplett unnatürlich ist.
Und der Großteil des industriell hergestellten B12 wird nicht von Veganern konsumiert sondern indirekt von allen Menschen, denn das meiste wird in der Viehwirtschaft an die Tiere verfüttert, da diese eben sehr unnatürlich gehalten werden und demensprechend selbst B12 brauchen.
Praktisch alle Tiere in der „Intensivtierhaltung“, die keine Wiederkäuer sind, bekommen B12 im Futter supplementiert. Zudem hat auch das von uns produzierte Fleisch auch sonst kaum noch etwas mit Natürlichkeit zu tun. Das kommt fast ausschließlich aus Tierfabriken und industrieller Massentierhaltung. Die Tiere werden auch nicht mit bloßen Händen erlegt und mit den Zähnen zerteilt. Dafür werden unnatürliche Werkzeuge verwendet. Wenn ein B12-Suppelement also unnatürlich ist, dann ist es das handelsübliche Geflügel- und Schweinefleisch erst recht.
Und ohne Supplementierung geht es in der modernen Massentierhaltung im Grunde auch gar nicht. Die Alternative wäre, es so zu machen, wie man es bis 2001 getan hat: Tiermehl verfüttern -also die pulverisierten Leichen ihrer Artgenossen. Und die Tiere damit zwangskanibalisieren. Was das Ergebnis davon war, wissen wir ja.
Sein B12 so indirekt über Tiere aufzunehmen, macht es natürlich einfach, sich einzureden, dass das, was Veganer tun unnatürlich ist, und ein Beweis für eine unausgewogene Mangelernährung. Hinzu kommt, dass B12 hitzeempfindlich ist. Wenn man mit der Natürlichkeit argumentiert, dürft man das Fleisch an der Stelle dann ohnehin nur roh essen.
Im Grunde ist das Argument also: „Nein, ich möchte nicht dieses reine, wirksame B12 aus dem Bioreaktor, weil das unnatürlich ist. Ich will, dass das Zeug zuerst an Tiere verfüttert wird, möglichst ohne dass man es mir erzählt und nehme dann lieber das verunreinigte aus dem Darm von Tierleichen weil das dadurch aus irgend einem Grund -den ich nicht erklären kann- viel natürlicher wird -und dadurch besser -was ich auch nicht erklären kann.“
Diese Natürlichkeits-Ideologie ist nicht rational. Der genau gleiche Stoff wird abgelehnt, wenn man ihn statt aus Tierprodukten separat zu sich nimmt, weil das „unnatürlich“ sei.
Das ist aber nicht nur umständlicher, verlustreicher und unökologischer. Es bringt auch keine nennenswerten Vorteile aber eine ganze Reihe Nachteile.

Wir alle supplementieren also heute. Die einen über den Umweg über Tiere, wo man es nicht wirklich merkt und sich einreden kann, sich natürlich und ausgewogen zu ernähren, die anderen eben direkt und gezielt und ohne sich da etwas vorzumachen.
Man lässt als Nichtveganer das Supplementieren nur andere für sich tun, und bekommt nichts davon mit, weil das so indirekt passiert.
In manchem veganen Aufschnitt ist B12 auch zugesetzt und steht dementsprechend auf der Zutatenliste. Nur wird das eben direkt hinzugefügt und nicht per Umweg über das Tier.
Supplementieren ist grundsätzlich völlig in Ordnung. Es heißt, dass wir erforscht haben, was wir brauchen und an den Stellen wo es mangelt, einfach nachbessern können.
Veganismus ist ohne B12 tatsächlich eine Mangelernährung, wie jede andere Ernährung ohne B12 eine ist. Deshalb führt man es ja zu. Damit es keine ist. Das ist ein Nährstoff wie andere auch. Man braucht etwas. Also nimmt man es zu sich. Die vermeintliche Natürlichkeit der Quelle ist aber einfach kein Argument.
Wenn man argumentiert, dass Veganismus ohne B12-Zufuhr defizitär ist, ist das sicherlich richtig. Genauso wie eine omnivore Ernährung defizitär ist, wenn man nicht genug Wasser zu sich nimmt. Aber wenn man nicht gerade Pfützenwasser trinkt, sind praktisch alle unsere Getränke unnatürlich.
Und auch wenn auf die Flaschen gern was anderes geschrieben wird: Auch Bier ist unnatürlich. Bier wächst aber nicht auf Bäumen sondern wird erst vom Menschen hergestellt. So wie die allermeisten anderen Getränke auch. Die werden alle in Fabriken und Brauereien produziert.
Selbst Leitungswasser ist unnatürlich geklärt, kommt aus unnatürlichen Wasserhähnen und wird meistens aus unnatürlichen Flaschen und Gläsern getrunken. Und da würden es doch niemand für ein vernünftiges Argument halten, diese Getränke abzulehnen, weil sie so unnatürlich hergestellt werden. -außer, es geht um Veganismus. Dann erscheint genau dieselbe seltsame Aussage wie ein total stichhaltiges Argument, wenn man sie selbst verwendet.

Bis zu 90% aller Deutschen leiden an einem Vitamin D Mangel. Insbesondere zum Ende der Winterzeit. Das liegt daran, dass wir unnatürliche Kleidung tragen und in unnatürlichen Häusern leben und daher nicht genug Vitamin D durch Sonneneinstrahlung bilden können. Und da käme niemand auf die Idee zu fordern, die Kinder nackt auf der Wiese leben zu lassen, weil das natürlicher ist und gut für die Vitamin-D-Produktion. Oder wenn es um Folsäure, Calcium, Magnesium, Vitamin C oder andere Nährstoffe geht an denen es uns gern mal fehlt. Da werden Supplemente und angereicherte Nahrungsmittel verwendet und fast jeder hält das auch für vernünftig und sinnvoll. Und falls da mal nach der Ursache gefragt wird, wird die dann selten so heiß und kritisch diskutiert, wie im Bezug auf Veganer und B12.

Gefühlsmäßig ist eine Abneigung gegen das Supplementieren oder eine Skepsis schon nachvollziehbar aber das ist in erster Linie ein auf einer Naturverklärung begründetes Bauchgefühl. Wir haben uns aber von der Natur ziemlich weit gelöst. Das ist in manchen Bereichen schlecht aber an vielen Stellen auch gut so. Nur vergessen dann viele dadurch, wie brutal und ekelig die Natur auch sein kann und verklären sie zu einer perfekten und gesunden Sache, die sie einfach nicht ist und niemals war. „Natürlich“ heißt nicht automatisch gesünder. Viele natürliche Dinge sind giftig, ungesund und gesundheitsschädlich, oder einfach nur unrein und keimbelastet, während viele unnatürliche Dinge wesentlich gesünder sein können.

B12 produzierende Mikroben leben, wie erwähnt, auch im menschlichen Darm und produzieren dort große Mengen aktives B12. Allerdings nahe am Ausgang und damit an einer Stelle an der es schon nicht mehr resorbiert werden kann und deshalb ausgeschieden wird.
Wer das mit der Natürlichkeit also wirklich ernst meinen sollte, hat durchaus die Möglichkeit den B12-Bedarf mithilfe seiner Darm-Mikroben selbst zu decken, so wie manche Tiere das auch tun. Das nennt man Koprophagie. Vom hygienischen und ästhetischen Standpunkt aus fragwürdig aber ethisch überhaupt nicht zu beanstanden und auch sehr natürlich.Ansonsten wird teilweise noch argumentiert, dass sie sich von Supplementen nicht abhängig machen wollen. Aber das ist auch eher emotionales Unbehagen als ein rationales Argument. Denn abhängig sind wir sowieso. Und zwar von vielen Dingen. Von Sauerstoff, Wasser und natürlich von diversen Nährstoffen wie eben auch B12. Und nicht zuletzt auch von der Nahrungsmittelindustrie. Und das ist auch nicht unbedingt schlecht, weil wir dann Zeit für andere Dinge haben und nicht alle kollektiv selbst auf dem Feld arbeiten müssen.
Vitamin B12-Supplemente sind leicht erhältlich, billig, unkompliziert, sicher und wirksam. Und wenn man diese Nährstoffe auf unproblematische Weise auch aus anderen Quellen als aus Tierprodukten beziehen kann, dies aber ablehnt weil sich das zu unnatürlich und irgendwie zu nahe an Medikamten anfühlt, obwohl es dafür keinen rationalen Grund gibt, dann macht man sich statt dessen von Gewalt abhängig, bzw. man bleibt es. B12 direkt über Supplemente zu beziehen ist also nicht nur sicherer, zuverlässiger, und ökologischer – es ist zudem auch eher eine Befreiung von der Abhängigkeit von Ausbeutung und Tötung fühlender Lebewesen.

Hey Veganer, Moral ist subjektiv!

Transkript

Gegen Kritik an Tierausbeutung argumentieren manche Menschen, dass Moral subjektiv ist und dass es quasi kein objektives moralisch richtig oder falsch gibt.

Leider funktioniert diese Aussage meist als Totschlagargument, mit dem Kritik oder die Auseinandersetzung mit dem Thema, gleich im Keim erstickt werden. Inhaltlich ist das aber durchaus erst mal richtig. Das sieht man daran, dass bis vor nicht allzu langer Zeit beispielsweise Sklaverei noch nicht als unmoralisch galt. Es war nach damaligen Moralvorstellungen völlig in Ordnung, dass Frauen weniger Rechte hatten als Männer und auch heute noch gilt Genitalverstümmelung an Kindern in vielen Teilen der Welt nicht als unethisch. Ethik ist also wirklich nicht in Stein gemeißelt sondern kann sich weiterentwickeln. Und das ist gut so.  Da Moral nicht vom Himmel fällt, braucht man eine Grundlage um entscheiden zu können, was richtig oder falsch ist.

Wenn man die vermeintliche Grundlage dann hinterfragt und nicht bei „Ist-halt so!“ aufhört, sondern sich bemüht, auch die Grundlage der Grundlage der Grundlage zu ergründen, dann wird man sicherlich irgendwann bei einer Art Axiom ankommen, welches nicht letztgültig begründbar ist. Aber da sollte man natürlich trotzdem den Anspruch haben, dass das eine gerechte, sinnvolle, widerspruchsfreie und möglichst wenig willkürliche Grundlage darstellt.

Und vor allem Bedürfnisse, Interessen und Leid sind die Basis jeder halbwegs modernen Ethik.

So ist das auch beim ethischen Veganismus. Das ist eine Lebensweise die dabei auf einer sogenannten pathozentrischen Ethik basiert, also einer Ethik, die ausdrücklich das Leid zu einem zentralen Kriterium macht, weshalb der Veganismus da wesentlich konsequenter und weniger willkürlich ist, als andere Lebensweisen. Und für eine gerechte Ethik scheint es kaum einen sinnvolleren gemeinsamen Nenner zu geben, als das Interesse zu leben und nicht zu leiden. Bei Menschen erkennt man das mehr oder weniger bewusst auch als selbstverständliche Grundlage dafür an, wie man sie behandeln sollte.

Man hat also im Grunde schon ein ethisches System akzeptiert, in dem Leid, Bedürfnisse und Interessen eben nicht egal sind, sondern ganz entscheidende Rollen spielen und handelt auch danach oder gibt es zumindest vor. Wir können eigentlich auch gar nicht anders. Und da funktioniert es einfach nicht mehr, dass man die Beachtung und die Missachtung dieser Dinge als quasi gleichwertig verargumentiert und auf einen Moralrelativismus verweist, um zu argumentieren, dass Fleischessen nicht kritisiert werden kann.

Beispielsweise kann ich theoretisch nicht sagen, was das Ergebnis von 1+1 ist. Das könnte 2 sein oder 10. Das hängt von der Definition des Zahlenraums ab. Wenn ich mich aber in einer Situation befinde, wo ganz klar das Dezimalsystem die Grundlage ist und sich jeder darauf bezieht, wenn er rechnet -und nicht etwa das Binärsystem, dann ist „1+1=10“ nun mal falsch.

Und wenn Leid nicht egal ist, sind Leidvermeidung und Leidverursachung nicht relativ.

Innerhalb eines Systems kann man also mit harten Fakten und Logik, die nicht subjektiv sind, sehr wohl Widersprüche und Fehlschlüsse aufzeigen. Und auch wenn man der Meinung ist, dass Moral subjektiv ist, sollte die eigene Ideologie trotzdem logisch sinnvoll und widerspruchsfrei begründet werden können. Und je drastischer die Auswirkung einer Handlung umso überzeugender muss die Begründung sein. „Ich sehe das halt so.“ ist dabei so ziemlich die schwächste Begründung überhaupt. Bei Geschmacksfragen ist sowas auch völlig legitim. Tierausbeutung ist dabei aber etwas völlig anderes als beispielsweise Musikgeschmack. Dabei geht es buchstäblich um Leben und Tod.

Fakten und ethische Werte scheinen erst mal in unterschiedliche Kategorien zu gehören. Und natürlich ist es ein Fehler, aus dem Sein der Welt direkt ableiten zu wollen, dass sie auch genauso sein SOLLTE. Das Argument, dass Ethik ein schwammiges und höchst subjektives Feld ist, wird aber vor allem dann vertreten, wenn die eigene ethische Überzeugung in Frage gestellt wird. Tatsächlich kann man aber auch dort wissenschaftlich-rational zu hinreichend generalisierbaren moralischen Schlüssen kommen. Werte sind auch eine gewisse Art von Fakten, zum Beispiel über das Wohlbefinden bewusster Lebewesen. Warum haben wir im Normalfall Mitgefühl mit Menschen und oft auch anderen Tieren, aber nicht mit Steinen? Warum gibt es keine Steinschutzvereine und Steinschutzgesetze? Weil wir jeden, der auf so eine Idee kommt aus gutem Grund für irre halten würden. Steine können nicht leiden und sie haben keine Interessen. Und das ist einfach eine Faktenbehauptung -die theoretisch auch falsch sein könnte. Aber es ist keine rein subjektive Wertvorstellung.
Mit diesem Subjektivitäts-Argument vermittelt man mehr oder weniger explizit meist auch, dass man andere Menschen nicht verurteilt, so wie es Veganer vermeintlich tun. Das moralische Verurteilen wird dabei also als falsch angesehen. Allein das ist ja schon ein Widerspruch. Wenn es kein richtig oder falsch gibt, dann kann es auch nicht falsch sein, Menschen für Tierausbeutung zu kritisieren. Und wenn man dieser Kritik entgegenhält, dass es kein richtig oder falsch gibt, widerspricht man sich mit seinem eigenen Argument. Und mal angenommen, dass Veganer anderen tatsächlich ihre Meinung aufzwingen wollten, wie das oft behauptet wird, wenn man sich von Veganern kritisiert fühlt: Wie will man das als unmoralisch und falsch bezeichnen, wenn man vorher festgelegt hat, dass Moral subjektiv ist und es kein moralisch falsches Verhalten gibt. Man würde damit im Grunde auch jegliches Recht aufgeben, irgendetwas zu kritisieren oder als Unrecht zu bezeichnen, auch gegenüber sich selbst. Schließlich muss man anderen dann auch zugestehen, dass deren Handlungen niemals unethisch oder kritisierbar sein können. Wenn Moral subjektiv ist, dann doch nicht nur bei allen anderen.

Dieser Werterelativismus ist eine vorgeschobene Mogelpackung aus einer privilegierten  Situation heraus. Niemand vertritt so etwas wirklich konsequent. Jeder Mensch verurteilt irgendwelche Dinge und lehnt diese als unethisch ab. Und viele davon kompromisslos, unverhandelbar und nachdrücklich. Das sieht man dann meist auch sehr positiv und hält das für engagiert, mitfühlend und für einen lobenswerten Einsatz gegen Ungerechtigkeit, wenn es den eigenen Überzeugungen entspricht. Bei Veganern bemüht man allerdings einen Schein-Relativismus, mit dem man sich selbst den Anschein von Toleranz und Liberalismus verleiht, starke vegane Standpunkte hingegen als quasi-religiös, dogmatisch, fanatisch und intolerant darstellt.

Wir sind aber doch eigentlich überzeugt, dass es moralisch richtiges und falsches Verhalten gibt, auch wenn man mit so einer Aussage etwas anderes behauptet. Ob man immer das richtige erkennt, ist dabei natürlich noch die Frage. Aber dass es Handlungen gibt, die unethischer sind als andere würde niemand ernsthaft in Frage stellen. Wir versuchen ja quasi täglich mehr oder weniger bewusst genau diese Entscheidungen zu treffen. -ob nun bei uns selbst oder hinsichtlich der Handlungen anderer. Niemand würde doch ernsthaft akzeptieren, wenn jemand öffentlich erklärt, dass es nicht falsch ist, Kindern beliebig Leid und Gewalt anzutun oder sie verhungern zu lassen. Niemand würde fordern, dass man solche Überzeugungen oder Handlungen respektieren oder tolerieren müsste. Und jeder der ernsthaft so eine Aussage tätigen würde, würde sich den geballten Zorn der Gesellschaft zuziehen. Und das aus gutem Grund. Wer sind wir denn, dass wir an dieser Stelle neutral sein könnten, und so tun, als ob Leid überhaupt keine Rolle spielt. Niemand würde doch in so einer Situation behaupten, dass man nicht darüber urteilen dürfe wenn irgendwer Leid verursacht und dass das alles relativ ist. Und bei so ziemlich jedem anderen Diskussionsthema würde man sich auch in Grund und Boden schämen, solche Subjektivismus-Relativismus-Aussagen überhaupt nur anzudeuten. Aber wenn man es mit Veganern zu tun hat, sieht das gleich wieder ganz anders aus. Von denen fordert man ein, solchen vermeintlichen Relativismus zu akzeptieren, obwohl man das selbst in anderen Situationen auch nicht tut. Diese Einstellung hält eben nur so lange an, bis ein anderer eine ähnliche vertritt und man dadurch vermeintlich schlechter abschneiden würde. Da ist dann ganz schnell wieder vorbei mit der Relativität. Bis zum nächsten Veganer zumindest. Paradoxerweise wird Veganern gleichzeitig ja auch häufig vorgeworfen, dass sie sich mal lieber um die Kinder in Afrika kümmern sollen als um die Tiere. Und so schlecht dieses Argument auch ist: Auch das ist eine moralische Wichtung und zeigt, dass offenbar eben nicht alles moralisch gleich ist.

Die Frage, warum das eigentlich nicht egal ist, stellt sich allerdings kaum jemand bewusst. Speziell dann nicht, wenn man gerade das Gegenteil behauptet, obwohl man selbst nicht wirklich dran glaubt.

Aber wenn man sich das ernsthaft fragt, kann die Grundlage dafür nur in Interessen, Bedürfnisse und dem Wunsch nicht zu leiden liegen. Es gibt wohl keine menschliche Moralvorstellung die nicht auf irgend eine Weise letztlich auf diese Dinge zurückführbar wäre. Das Interesse nicht willkürlich behandelt zu werden, sondern mindestens gerecht, ist aber sehr universell für alle empfindungsfähigen Lebewesen und nachweislich nicht auf Menschen beschränkt. Wenn man dann aber trotzdem nur Menschen ethisch berücksichtigt, ist eine ziemlich willkürliche Festlegung die man auch Speziesismus nennt. Das ist dem Rassismus und Sexismus ähnlich, wo die Interessen und Bedürfnisse von Individuen missachtet werden, weil sie nicht einer willkürlich als ethisch relevant festgelegten Gruppe angehören sondern das „falsche“ Geschlecht oder die „falsche“ Hautfarbe haben. Beim Speziesismus haben die Individuen dann eben das Pech, leider der vermeintlich falschen Art anzugehören, weshalb ihnen Rechte und ethische Berücksichtigung verwehrt werden.

Dass Menschen nicht die einzigen Tiere sind, die nicht leiden wollen und leidensfähig sind, kann wohl von keinem Menschen mit einem Mindestmaß an Faktenwissen, Redlichkeit und Integrität heute noch ernsthaft bestritten werden. Natürlich kann man sich fragen, was genau Leid ist und wie es zu bewerten ist. Aber es wird leider oft versucht, zu argumentieren, dass Leid ein sehr schwammiger und kaum definierbarer Begriff ist, und dass man deshalb nicht objektiv mit Leidvermeidung argumentieren kann. Ganz leicht ist das natürlich nicht. Aber das ist es beispielsweise auch bei Gesundheit nicht. Auch dieses Konzept ist eher undefiniert und hat sich über die Jahre gewandelt. Es wird beispielsweise diskutiert, ob Altern als Krankheit betrachtet werden sollte. Früher war es völlig normal, dass Menschen 30 Jahre alt wurden. Heute werden wir über 80 und es würde niemand auf die Idee kommen, zu behaupten, dass es gesund ist, mit 30 eines natürlichen Todes zu sterben. Dass der Begriff Gesundheit offen für Überarbeitungen ist, macht ihn nicht gehaltlos oder egal. Sicherlich gibt es Grenzfälle und unterschiedliche Ansichten. Man kann trotzdem ganz klar unterscheiden, zwischen einer gesunden Person und einer toten. Es ist auch nicht trivial, festzulegen, was gesunde Nahrung ist. Aber nur weil es vielleicht mehrere richtige Antworten gibt, folgt daraus nicht, dass es keine falschen gibt, und dass es keinen Unterschied gibt, zwischen Nahrung und Gift. Das ist alles nicht subjektiv. Und genau so ist es bei Leid und bei der darauf basierenden Moral. Es ist also wichtig, dass wir uns eingestehen, was wir doch eigentlich schon wissen:  Es ist einfach nicht jede Meinung gleich richtig und nicht jede Handlung gleich gut. Und es gibt es auch in Fragen der Moral richtige und falsche Antworten. Und das hat immer auch etwas mit Fakten zu tun.
Um eine möglichst gerechte Ethik zu gestalten, gibt es ein wichtiges philosophisches Element in der Gerechtigkeitstheorie: den sogenannten „Schleier des Nichtwissens“. Kurz gesagt, weiß man bei dieser Überlegung nicht, als wer oder was oder wo man in einem zu entwerfenden ethischen System landen wird, welche Fähigkeiten man haben wird, welche geistigen, physischen und sozialen Eigenschaften, welche Neigungen und so weiter. Und dieser Umstand würde einen zwingen, das System möglichst fair zu gestalten, so dass es möglichst egal ist, wo man am Ende landet.

Der Schleier des Nichtwissens wird unter anderem auch auf Rasse und Geschlecht angewendet. Und es gibt auch keinen objektiven Grund, die Spezieszugehörigkeit davon auszuschließen. Schließlich ist der Kreis der Individuen die wir als ethisch relevant betrachten ohnehin stets größer geworden. -weil wir Moral und Ethik weiterentwickeln und dazulernen. Und dass Moral nicht absolut ist, sollte nicht als Rechtfertigung für den Status Quo dienen, oder als Schild um die eigenen Handlungen gegen Kritik zu immunisieren -sondern als Grundlage dafür, herauszufinden, wie man es besser und richtig machen kann.

Hey Veganer, Menschen haben schon immer Fleisch gegessen!

Transkript

Wenn man etwas damit rechtfertigt, dass es schon immer so gemacht wurde, dann nennen wir Klugscheißer sowas einen Traditionsfehlschluss. Die ganz schlimmen tun noch so, als ob sie Latein könnten und sagen Argumentum ad Antiquitatem.

Gerade auch wenn es um das Fleischessen geht, wird oft argumentiert, dass Menschen das schon immer getan haben. Was sicherlich erst mal richtig ist. „Das haben wir schon immer so gemacht.“ ist aber nicht das gleiche wie „Es ist gerechtfertigt.“. Und wenn man das gleichsetzt ist das ein logischer Fehlschluss. Wie lange eine Handlung schon praktiziert wird, sagt nichts darüber aus, ob sie ethisch zu rechtfertigen ist oder ob man sie bis in alle Ewigkeit so fortführen muss oder fortführen sollte. Man kann Dinge auch schon immer schlecht gemacht haben. Einmal was blödes zu tun, ist normal. Etwas blödes zwei Mal zu tun, kann man dumm nennen. Etwas blödes über Generationen hinweg zu machen, nennt man Tradition. Aber man sollte nicht an Fehlern festhalten, nur weil man eine Menge Zeit darauf verwendet hat, sie zu machen. Tradition ist kein Gütesiegel. Menschen haben sich auch schon immer gegenseitig umgebracht. Wir hatten schon immer Erstgeborene geopfert und Behinderte zum Sterben im Wald ausgesetzt. Vor 200 Jahren war Sklaverei und die Unterdrückung von Frauen noch normal. Und es hat offensichtlich funktioniert. Das haben wir alles schon immer so gemacht. -bis wir dann endlich mal damit aufgehört haben, oder es zumindest versuchen. Daran würden sich die meisten zivilisierten Menschen glücklicherweise auch nicht mehr orientieren. Warum also an Dingen die vor noch viel längerer Zeit üblich waren?
Bewegungen für soziale Gerechtigkeit stoßen und stießen immer auf vehementen Widerstand. Vor allem natürlich von denen die ihre vermeintlichen Privilegien teilen sollen. Und da wird immer auch argumentiert, dass Dinge eben schon immer so waren und dass Menschen sich eh nicht ändern würden. Bis sie es getan haben. Die Abolitionisten wurden verspottet und bedroht und über die Abschaffung der Sklaverei wurde gesagt, dass das unmöglich und absurd sei. Bis es sich durchgesetzt hat.

Mit dem Argument, dass Menschen schon immer Fleisch gegessen haben, beruft man sich zudem Handlungen aus völlig anderen Umständen. Gerade in einer Welt die sich ständig ändert, ist das trotzige Festhalten an Althergebrachtem evolutionär im Grunde ein Todesurteil und mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit eine schlechte Idee. 4 ist die richtige Antwort auf die Frage nach 2+2. 4 ist aber mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr die richtige Antwort, wenn die Formel eine andere ist. Und die Aussage: „Aber es war doch vorher auch 4!“ ist dabei genau so richtig wie „Der Mensch hat schon immer Fleisch gegessen!“ Aber genauso unerheblich und sinnlos.
Fleischkonsum mag für uns einmal vorteilhaft gewesen sein. Wir sind zum Überleben oder für andere Dinge aber nicht mehr auf Tierprodukte angewiesen. Im Gegenteil. Durch unsere Tierausbeutung tragen wir dazu bei, unsere eigene Lebensgrundlage zerstören. Dass mehr als 7 Milliarden Menschen in einer globalisierten Welt Fleisch essen, war eben auch nicht schon immer so. Die Menschen haben auch nicht schon immer Tierfabriken gebaut. Sie haben nicht schon immer Maschinen zum Töten verwendet. Und sie haben auch nicht schon immer abgepackte Tierprodukte in Supermärkten angeboten und gekauft. Das war früher alles anders. Früher gab es nicht mal den schwer beschäftigten Metzger des Vertrauens.
Und bei den meisten dieser unzähligen Dinge, die nicht schon immer so waren, wird kaum jemand auf die Idee kommen, zu fordern, alles grundsätzlich genau wie ganz früher zu machen. Wenn man redlich argumentiert, kann man sich nicht einfach raussuchen, was man beibehalten will und das damit begründen, dass es schon immer so war, das aber bei Dingen die man gern anders haben will, völlig ignorieren. Wir haben auch nicht schon immer in komfortablen Häusern gelebt oder Internet gehabt. Und wenn man mit dieser War-schon-immer-so-Logik konsequent wäre, müsste man ohnehin jegliche Änderungen und Neuerungen ablehnen. Da wäre es sogar falsch, dass unsere Vorfahren überhaupt aus der Ursuppe gekrochen sind.
Und wann dieses „Schon immer“ wirklich anfing, ist oft auch sehr willkürlich. Gerade der Konsum von Milchprodukten ist nur in manchen Teilen der Welt üblich. Und dort auch erst seit vielleicht 10.000 Jahren und nicht seit dem Anbeginn der Menschheit vor vielleicht 200.000 Jahren. Das wurde viel länger NICHT getan. Das lehnt aber kaum ein Nichtveganer ab, obwohl das auch nicht schon immer so war.
Dieses „schon immer“ heißt meist auch so viel wie, „von einem gewissen Zeitpunkt bis genau jetzt gerade zu der Zeit wo ich lebe“. Wenn Menschen schon immer etwas getan hatten, und vor 100 Jahren damit aufgehört haben, wird kaum ein Mensch noch wirklich damit argumentieren, selbst wenn das vielleicht vorher hunderttausend Jahre immer gleich gemacht wurde. Die meisten Menschen würden es natürlich völlig absurd finden, wenn jemand beispielsweise Elektrizität verteufelt, weil Menschen früher schon immer ohne gelebt haben.
Aber wenn etwas gerade bis zu dem Punkt andauert, zu dem man selbst lebt, wird das ganz anders bewertet und kommt einem wie ein gutes Argument vor. Zumindest wenn man es selbst verwendet.

Dieses Argument zeigt aber auch, dass der Konsum von Tierprodukten vor allem auch eine Sache der Gewohnheit und der Erziehung ist, und nicht wirklich auf rationalen Entscheidungen beruht. Man setzt sich nicht hin und überlegt kritisch, ob Tierausbeutung in Ordnung ist, um sich dann dazu zu entschließen sondern lebt seit der Geburt in einer Gesellschaft, wo das so gemacht wird und versucht, dass nachträglich zu rationalisieren.
Im Grunde ist das ja die älteste Geschichte der Welt: Menschen, die vom Spiel profitieren wollen die Regeln nicht ändern. Aber Tierprodukte verursachen Leid, Ungerechtigkeit und Umweltschäden und sind dabei für uns überhaupt nicht notwendig. Es gibt heute einfach keinerlei vernünftige Gründe mehr Fleisch oder Tierprodukte zu essen. Aber es gibt jede Menge vernünftige Gründe, damit aufzuhören.

Hey Veganer, eure Ersatzprodukte sind chemisch und ungesund!

Transkript

Die Natur hat schätzungsweise 350 000 Pflanzenarten hervorgebracht, 50 000 davon sind essbar.
Bei den Kulturpflanzen gibt es allein 30.000 Sorten Mais und 100.000 Sorten Reis.
Aber für viele Kritiker des Veganismus scheint sich die Auswahl an veganen Nahrungsmitteln auf Salat und „künstlich nachgebaute vegane Wurst aus dem Chemiebaukasten“ zu beschränken. Letzteres wird dann regelmäßig als Beleg dafür angeführt, dass veganes Essen unnatürlich, ungesund und rein chemisch ist.

Schauen wir uns erst mal die Zutatenliste eines veganen Nahrungsmittels an:
Hydroxylsäure, Pflanzenöl, Zellulose, Fructose, Glucose, Saccharose, Sorbit, Stärke, Carotine, Tocopherol (E306) Riboflavin (E101), Ascorbinsäure (E300), Stearinsäure (E570), 2-Hydroxybernsteinsäure (E296), Nicotinamid, Pantothensäure, Biotin, Folsäure, Palmitinsäure, Ölsäure, Linolsäure, Oxalsäure, Salicylsäure, Purin, Sodium, Kalium, Mangan, Phosphor. Chlorid, Farbstoffe, Antioxidantien und Aromen: darunter Ethyl-2-methylbutyrat, Ethylbutyrat, 2-Methylbutylacetat, Butylacetat und Hexylacetat.

(Apfel!)

Es ist völlig richtig, dass vegane Ersatzprodukte komplett chemisch sind. Aber es gibt noch etwas das chemisch ist.ALLES! Alles ist chemisch. Alle Materie ist Chemie. Chemikalien sind nicht grundsätzlich gut oder schlecht. Einige meiner besten Freunde bestehen aus Chemikalien. Chemisch ist NICHT das Gegenteil von natürlich. Und „natürlich“ bedeutet nicht automatisch „gesund“.
Natürliche Stoffe sind Arsen, Uran und Schlangengift. Die krebserregendste bekannte Substanz ist Aflatoxin B1. Die wird durch Schimmelpelz Aspergillus Flavus produziert und sie ist komplett natürlich. Es gilt sogar als wahrscheinlich, dass diese Schimmelpilzgifte die Ursache für den so genannten „Fluch des Pharao“ darstellen, wo es einige Jahre nach der Öffnung des Grabes des Tutanchamun im Tal der Könige im Jahr 1922 gehäufte und unerklärliche Todesfälle bei den beteiligten Menschen gab.

Richtig natürlich ist Nahrung mit Giften, Keimen, Verschmutzungen und Parasiten.
Und andersrum heißt unnatürlich daher auch nicht automatisch ungesund. Man kann grob in natürliche und synthetische Chemie unterteilen, wenn man das will. Aber das sagt pauschal noch nichts darüber aus, was davon in irgend einer Hinsicht besser ist. -auch wenn die Werbung gern etwas anderes suggeriert. Dazu muss man aber noch andere Kriterien anlegen.

Ja, so ein Apfel ist voller gefährlich klingender Stoffe. Nehmen wir beispielsweise die darin enthaltene Hydroxylsäure… Die ist auch bekannt als Hydrogenhydroxid, Dihydrogenether oder landläufig als … Wasser. Nur weil man etwas nicht aussprechen kann und es gruselig klingt, ist es noch nicht ungesund.

Die allermeisten unserer heutigen Lebensmittel sind Kulturzüchtungen. Die sind auch nicht mehr besonders natürlich. Und meistens ist das sogar sehr gut so, weil sie mehr Nährstoffe enthalten als ihre natürlichen Vorfahren. Fett oder Zucker in Maßen sind auch nicht unbedingt schlecht. Aber wir leben nicht mehr wie unsere Vorfahren welche quasi ständig ums Überleben kämpfen mussten und deshalb alles was sie an Kalorien bekommen konnten gierig mitgenommen haben. Da war das etwas Gutes ,weil man unter den damaligen Umständen kaum die Chance hatte davon irgendwie zu viel zu bekommen. Heute konsumieren wir diese aber ohne Anstrengung, oft im Übermaß und in konzentrierter Form. Und das ist bei manchen Dingen schlecht. Manche unserer vermeintlich künstlichen Nahrungsmittel sind deutlich besser und gesünder als vieles was man in der Natur so findet. Und andere sind es nicht.
Unsere Sensoren sind teilweise auf völlig andere Umstände kalibriert, Umstände wie ständiger Nahrungsmangel, katastrophale Hygiene, Bedrohung durch Fressfeinde, an allerlei unschönen Sachen qualvoll zu sterben und vieles mehr. Es ist super, dass wir vieles davon eliminiert haben aber deshalb kann man sich eben auch nicht mehr nur ausschließlich auf sein Bauchgefühl und seine Instinkte verlassen, sondern muss auch das Hirn benutzen. Und wenn das Hirn einigermaßen Bescheid weiß, dann sollte es einem sagen, dass eine Schwarz-Weiß-Einteilung in natürlich und „chemisch“ als Kriterium für gut oder schlecht nicht ausreicht.
Sicherlich werden bei vielen Nahrungsmitteln heute leider eher der Geschmack als die gesundheitlichen Aspekte optimiert. Aber wenn man die Dinge dann nur nach Geschmack aussucht und kauft, sollte man sich auch nicht beschweren dass es nicht unbedingt die gesündesten sind.

Es gibt wohl kaum einen Menschen, der beim Einkaufen ausschließlich auf den gesundheitlichen Aspekt achtet.
Und wenn die WHO erklärt, dass Fleisch krebserregend ist, dann reagieren die meisten Menschen trotzig und geben zu Protokoll dass eh alles krebserregend und ungesund ist und dass sie darauf gar nichts geben und weiterhin Fleisch essen und lieber ein paar Jahre eher sterben als das aufzugeben.
Aber vegane Fertig-Produkte, die genau so wenig den Anspruch haben, ultragesund zu sein, wie die unveganen Produkte aus dieser Kategorie und die oft zu viel Fett und Salz enthalten, würde man aus vermeintlichem Gesundheitsbewusstsein niemals anzurühren. Und wenn jemand veganen Aufschnitt isst, dann ist das ein KO-Kriterium für den gesamten Veganismus.
Der auffälligste Unterschied ist wohl, dass vegane Fertigprodukte bei Fleischessern das Bedürfnis auslösen, sämtliche Zutaten bis ins Detail aufzulisten und schlecht zu finden. Unvegane Fertigprodukte haben diesen Effekt nicht.
Diese vermeintlichen Ersatzprodukte sind eine Ergänzung, wenn es schnell oder unaufwendig sein soll. Niemand der einigermaßen bei Vernunft ist, isst Wurst weil er sie für gesund hält. Vegane Wurst ist auch nicht ungesünder als klassische Wurst aus pürierten Tierleichen die man irgendwie an der Verwesung hindern muss.
In Tierwurst und Tierfleischprodukten findet man Nitritpökelsalz, Stabilisatoren wie Diphosphate oder Natriumacetate, Glukosesirup, Palmfett, Aromen, Geschmacksverstärker, Farbstoffe, diverse Zuckersorten und so weiter. Und die sind meist auch nicht weniger stark verarbeitet. Inhaltsstoffe wie Hormone, Eiter, Medikamentenrückstände und anderes noch nicht einmal deklariert werden und stehen dementsprechend auch nicht auf der Liste.
Das kann natürlich variieren aber eine klassische vegane Wurst enthält beispielsweise Wasser, Weizeneiweiss, Sonnenblumenöl, Hefeextrakt, Steinsalz, Weizenstärke, Zwiebeln, Gewürze und Johannisbrotkernmehl. Alles erst mal überhaupt nicht dramatisch.

Viele Fleischesser, die sich nie wirklich mit einem Veganer unterhalten haben, glauben trotzdem genau zu wissen, dass diese sich fast ausschließlich von exotischem Flugobst und von massenweise Pseudo-Fleisch-Kunstprodukten ernähren.
Aber solche Produkte sind doch nicht die Grundnahrungsmittel von Veganern. Der Anteil dieser Ersatzprodukte macht im Schnitt bei Veganern einen viel geringeren Teil ihrer Ernährung aus, als herkömmliche Fleisch- und Wurstwaren bei Nichtveganern.

In einer Umfrage gaben lediglich 0,8% der befragten Veganer an, Fleischersatz auf täglicher Basis zu konsumieren. 45,5% konsumieren Fleischersatz einmal im Monat oder weniger.
Veganen Schnittkäse essen nur 1,7% täglich und 64,3% einmal im Monat oder weniger.
Es wird sehr schwer, Fleischesser zu finden, die so selten die dazu analogen Tierprodukte essen.

Was hingegen aber ganz selten wahrgenommen oder als Problem gesehen wird, ist die Tatsache, dass die Nahrungsmittelhersteller reihenweise pflanzliche Produkte künstlich mit zweifelhaften Inhaltsstoffen „entveganisieren“, so dass das schon fast zwanghaft wirkt.
Da hat man Schweineborsten in den Brötchen, Eier in Nudeln, Fischöl in der Limo und nicht näher definierte tierische Bestandteile aus Wild, Fisch, Geflügel, Rind oder Schwein in Kartoffelchips, da tierische Bestandteile als Trägerstoffe von Aromen und Vitaminen in Lebensmittel noch nicht mal deklariert werden müssen.
Und Sachen wie Milchzucker kippt man sowieso in praktisch alles was nicht bei drei auf dem Baum ist. Völlig egal ob das nötig ist. Würden Menschen nicht so viele von Natur aus vegane Produkte mit tierischen Zustatzstoffen „verfeinern“, würden so manche „Ersatzprodukte“ auch gar nicht erst benötigt werden. Wenn die Produkte und die Zusatzstoffe vegan sind, spricht man natürlich auch nicht mehr vom Verfeinern. Da heißt das eher panschen und es wird entsetzt getan, wenn die ein paar Gewürze enthalten. Und das was im Normalfall als vielseitiges Kochen durchgehen würde, ist dann im veganen Fall direkt ein Chemiebaukasten. Da wird immer kritisiert, dass vegane Ernährung nicht abwechslungsreich und einseitig sei, aber wenn dann mal vermeintlich viele Zutaten drin sind, ist es auch wieder nicht richtig.
Und es fragt auch niemand, warum diese „verfeinerten“ unveganen Kopien genauso aussehen müssen, wie die veganen Originale oder was man damit kompensieren will. Bei veganen Nahrungsmitteln ist der Maßstab aber leider meist ein völlig anderer.

Hey Veganer, ihr NERVT!

Transkript

Es gibt einige Dinge, bei denen es trendy ist, sie doof oder nervig zu finden, auch wenn man vielleicht selbst gar nicht wirklich viel damit zu tun hat. Aber weil alle anderen das auch tun, schließt man sich an, betätigt sich gegenseitig und schaukelt das Thema hoch, wodurch es vermeintlich noch nerviger wird.
Zum Beispiel Wesley Crusher aus Star Trek oder Nickelback. So ähnlich ist das auch mit Veganern. Viele Menschen verbringen bemerkenswert viel Zeit damit, immer wieder zu betonen, wie nervig sie Veganer finden, statt sie einfach zu ignorieren, so wie Tierleid oder Klimawandel. Bei Veganern kommt allerdings noch ein bisschen mehr dazu und es gibt verschiedene Gründe warum die als nervig wahrgenommen werden. Vieles davon ist eine spezielle Mischung aus stiller Post, verzerrter Wahrnehmung und selbsterfüllender Prophezeiung. Das Nervigfinden von Veganern basiert zum Teil auf einer Gruppendynamik und man kann mit so einer Einstellung viel Zustimmung ernten und sich gegenseitig bestätigen und dazugehören.
Und sobald irgendwo ein Veganer auftaucht oder ein Facebookpost mit einem veganen Rezept oder ein Zeitungsartikel der annähernd mit dem Thema zu tun hat, kann man Veganer nervig finden und das sich selbst und anderen versichern.
Natürlich kann man Menschen als Veganer auch ganz einfach vorsätzlich auf die Nerven gehen. Am effektivsten beginnt man dafür alle seine Sätze, mit „Als Veganer…“ Vielen Menschen scheint das ohnehin so vorzukommen -egal was man sagt. Häufig wird die Ansicht vertreten, dass Veganer den ganzen Tag über nichts anderes reden würden und quasi ein unstillbares Bedürfnis hätten, jedem sofort von ihren Veganismus zu erzählen. Solche mag es geben, aber das ist die absolute Ausnahme. Meist muss man gar nichts sagen oder tun um zu nerven, sondern einfach nur da sein oder erwähnt werden. Als Veganer nervt man ganz automatisch überproportional. Oftmals reicht sogar einfach nur der Strohmann eines Veganers und es ist eher das, was man mit Veganern verbindet, was einen nervt.

Man sollte als Nichtveganer mal versuchen, sich in Veganer hineinzuversetzen. Veganer werden praktisch jede einzelne Sekunde mit der Ideologie der Tiernutzung und mit Tierleid und toten Tieren auf Tellern konfrontiert. Als Veganer wird man quasi permanent von Menschen, Firmen und Vereinen „genervt“ die Tierprodukte essen, produzieren, verarbeiten, besprechen, loben, bewerben, darstellen, verkaufen u.s.w. Und man muss sich um Grunde täglich schwache Rechtfertigungen, uralte schlechte Witze, Spott, blöde Sprüche und teils ganz seltsame Fragen hinsichtlich des Veganismus anhören. Und meist passiert das unaufgefordert. Sehr häufig sind es die Fleischesser die das Thema ansprechen oder sich in Diskussionen dazu einschalten und ungefragt anfangen, Fleischkonsum zu rechtfertigen. Aber spätestens sobald man als Veganer auch etwas sagt, sind sich die Fleischesser am Tisch oft einig, dass der Veganer nervt und ein übersteigertes Mitteilungs- und Missionierungsbedürfnis hat und geben das dann auch so weiter. Viele Veganer wären aber tatsächlich schon froh, wenn ihr Veganismus nicht immer von anderen thematisiert werden würde, denn solche meist immer sehr ähnlich verlaufenden Diskussionen sind für Veganer mindestens genauso nervig. Vermutlich viel mehr. Wenn Veganer fragen, ob es auch was veganes zu essen gibt oder ob ein Gericht vegan ist, wollen sie Information. Sie bekommen aber meistens Fragen, Rechtfertigungen, Diskussionen, blöde Witze und die Unterstellung, man würde Selbstdarstellung betreiben.
Wir Menschen neigen dazu, uns selbst zum Maß aller Dinge zu machen und eben nur das als relevant zu betrachten, was UNS nervt. Aber wenn man mal darüber nachdenkt, wie oft man über nichtvegane Dinge spricht oder diese tut, dann wird man feststellen, dass das im Allgemeinen wesentlich häufiger der Fall sein dürfte als bei Veganern und Veganismus. Man nimmt es nur nicht wahr, weil es für einen die Normalität ist. Aber diese Normalität wird durch den Veganismus bedroht. Und das stört.
Wenn nun 99% der Bevölkerung von dem einen Prozent Veganern so genervt sind, wie viel extremer wäre es erst, wenn das Verhältnis andersrum wäre und ein Prozent der Menschen von den anderen 99% genervt werden? Etwa so ist das nämlich für Veganer.

Bei vielen Menschen wäre die Antwort auf „Du nervst!“ wohl irgendwas in der Art von: „Na und? Ist doch nicht mein Problem!“ Aber von Veganern erwartet man da eher ein „Ah, ok. Sorry, dann hör ich auf.“ Auch da scheinen bei anderen wieder andere Maßstäbe angelegt zu werden, als bei sich selbst.

Natürlich kann es nerven wenn man beispielsweise für Veganer zusätzlichen Aufwand beim Kochen betreiben muss. Wenn diese sagen, dass da nicht nötig ist, weil sie beispielsweise selbst was mitbringen, nervt das auch aber auch, Weil man sich dann wie ein schlechter Gastgeber fühlen kann. Da kann man als Veganer also gar nicht viel tun. Eigentlich sollte es kein Problem sein, veganes Essen anzubieten. Es ist ja schließlich auch so ziemlich der kleinste gemeinsame Nenner. Vegan kann praktisch fast jeder essen. Aber daran zeigt sich auch, wie abhängig sich Menschen von Tierprodukten gemacht haben und wie durchdrungen unsere Gesellschaft und unser Denken von Tierausnutzung ist, meist ohne dass wir das wirklich wahrnehmen. Und da ist Veganismus ein Fremdkörper der auffällt und stört. Speziell auch weil er zeigt, dass es auch ohne geht.

Und wie die Menschen auf den Begriff „vegan“ reagieren, zeigt schon recht deutlich wie wenig rational die Auseinandersetzung mit dem Thema ist. Bei einer Umfrage gaben tatsächlich die Hälfte der Befragten an, dass sie niemals vegane Speisen probiert hätten und dass das auch niemals für sie in Frage käme. Das ist natürlich kompletter Unsinn. Jeder hat schon mal etwas ohne Tierprodukte gegessen. Und seien es Nudeln mit Tomatensoße, Pommes mit Ketchup oder nur ein Apfel. Die Nahrungsaufnahme wird nur dann reflexhaft verweigert, wenn auch dran steht, dass da dieses „vegan“ drin ist. Und in vielen Fällen war es dann auch so, dass bei ohnehin veganen Produkten wie etwa Gebäck der Umsatz einbrach, sobald man sie auch so auszeichnete. Das zeigt, wie trotzig und defensiv viele Menschen auf den bloßen Begriff reagieren und wie wenig sie gleichzeitig wirklich damit befasst haben.

Aber abgesehen von solchen Reaktionen nerven die Veganer die aktiv für den Veganismus eintreten, natürlich schon quasi vorsätzlich. Auch das lässt sich allerdings kaum verhindern. Wer von Aktivisten erwartet, einfach vegan zu leben ohne andere damit zu nerven, verlangt im Grunde von ihnen gegen ihre ethische Motivation zu handeln. Wenn es um die Verminderung von Leid geht, ist es widersinnig, einfach nur sein Ding zu machen und ansonsten die Klappe zu halten statt dort zu argumentieren, wo die Ursache für die Tierausbeutung liegt, also beim Konsumenten.

Was oft nicht so sehr stört, sind Gesundheitsveganer die aus mehr oder weniger privaten Gründen vegan leben. Und wenn die mal nerven, dann kann man das natürlich leicht und wahrscheinlich zu recht kritisieren, weil es eben Privatsache ist was jeder mit seiner eigenen Gesundheit tut. Aber der eigentliche Veganismus hat ethische Hintergründe im Bezug auf Tiere, weshalb das da anders aussieht und was noch mal einen Aspekt hinzufügt der eben nicht so leicht abzutun ist. Die Tierrechtsbewegung ist in ein Sonderfall unter den sozialen Bewegungen. Während viele andere Bewegungen eher für ihre eigenen Interessen eintreten, engagieren sich Tierrechtler für Individuen die das nicht selbst können. Und als Fleischesser ist man natürlich automatisch von diesem Aktivismus betroffen. Und das stört.
Aber nichtmenschliche Tiere haben ansonsten niemanden der für sie eintritt. Und wenn man das nicht tut, wird sich dieser Zustand nicht bessern.

Wenn man diesem enormen Leid und der Gewalt gegen die sich Veganer engagieren eine subjektives „Du nervst!“ gegenübergesetzt wird, dann ist das ein recht schwaches Gegenargument. Man kann sogar argumentieren, dass man nicht nur das Recht sondern sogar eine moralische Pflicht hat, andere mit der Problematik ihres Handelns zu konfrontieren und dass man an manchen Stellen einfach stören muss.
Wer selbst nicht Gewalt, Leid und Ausbeutung erdulden will, sollte sich auch für andere Individuen engagieren, denen solche Dinge angetan werden.
Sonst hätte man auch kaum das Recht, so ein Verhalten sich selbst gegenüber anzuklagen. Wer etwas, das er für Unrecht hält, unkommentiert geschehen lässt, stellt sich im Grunde auf die Seite derer die es begehen. Das dürfte für die meisten Veganer wichtiger sein als nicht zu nerven.

Der Grund dafür, dass viele Veganer vorsätzlich nerven, ist in der Regel NICHT, dass sie aus purem Selbstzweck auf sich aufmerksam machen wollen. Das wird gern unterstellt, weil diese Behauptung es einfach macht, das Ganze als selbstgefälligen Ego-Trip oder als naiven Trend abzutun. Sich mit echten ethischen Aspekten dahinter auseinander zu setzen, ist sehr viel schwieriger. Wenn man gegen Veganer argumentiert, argumentiert man im Grunde für Tierausbeutung. Und obwohl man das unbewusst tut, ist das eine unangenehme Situation.

Veganer triggern selbst in subtiler Form viel stärker als andere Dinge die zwar viel präsenter sind aber trotzdem kaum wahrgenommen werden. Durch ihre bloße Existenz machen sie auf unbequeme Themen aufmerksam, die man eigentlich gar nicht diskutieren will und lieber verdrängen möchte. Als Veganer weist man auf die ganzen Konsequenzen des Fleischkonsums hin: Umweltschäden, Verteilungsungerechtigkeit, Antibiotikaresistenzen und Stallkeime -und nicht zuletzt natürlich Tierleid. Dass das lästig ist, ist klar. Das hat die Realität oft so an sich. Speziell wenn man sie lieber verdrängen möchte. Veganer sind eine Bedrohung für das eigene positive Selbstbild, die eigenen Gewohnheiten, die eigenen Privilegien und das eigene Gewissen. Sie sind automatisch ein Angriff auf die eigene Lebensweise. Das stört und macht defensiv. Wir Menschen wissen eigentlich auf einer gewissen Ebene, dass vieles von dem was wir tun gar nicht so cool ist. Aber weil Fleischessen auch identitätsstiftend ist und alle anderen es auch tun, ist das einfach zu rechtfertigen und auszublenden, speziell, wenn man eine Hand voll Phrasen hat, um sich das zu bestätigen: „Es war schon immer so!“ „Es ist natürlich!“ „Alleine kann man eh nichts ändern!“, „Das machen alle so“ und so weiter. Außer wenn jemand ins Spiel kommt, der das nicht tut und es vorsätzlich besser macht. Dann bricht diese Schwarmrechtfertigung ein Stück weit weg und man muss sich mit der unterschwelligen Erkenntnis auseinandersetzen, den eigenen moralischen Ansprüchen und dem eigenen positiven Selbstbild vielleicht nicht gerecht zu werden.
Und das ist natürlich auch unangenehm und sorgt zusätzlich dafür, dass diese mangelernährten Nervensägen so lästig sind. Und wenn Veganer dann noch gute Argumente haben, die an der eigenen Konditionierung und an den bequemen Privilegien kratzen und unschöne Konsequenzen des Fleischkonsums aufzeigen, dann ist das anstrengend und unangenehm und Veganer als Auslöser dieser Störgefühle werden als unerwünscht empfunden.

Menschen zu überzeugen, indem man ihnen moralische Vorwürfe macht, funktioniert wohl eher selten. Das lässt das menschliche Ego kaum zu. Und es nervt. Und viele Veganer hören sicherlich auf mit dem Thema, wenn sie merken dass sie nerven. Aber als ethisch motivierter Veganer ist das schwierig, denn als solcher ist man so eine Art personifizierter Vorwurf weil man Handlungen ablehnt die man als unethisch erachtet, die Fleischesser aber ausüben. Das muss man nicht mal aussprechen. Man kommuniziert das bereits durch die eigenen Lebensweise und ist dadurch quasi automatisch eine provozierende moralische Anklage wenn man die Sache ernst nimmt und konsequent ist und die eigenen Überzeugungen nicht verwässert und relativiert, um bei Nichtveganern keine Verteidigungsreflexe auszulösen.
Wenn Menschen eher genervt als interessiert sind, ist das sicherlich nicht das erstrebenswerteste Ziel aber manchmal muss man nehmen was man kriegen kann. Bei vielen Menschen erreicht man eben durch ständiges Nerven etwas und oft lässt sich das auch einfach gar nicht verhindern. Und nur weil man manche Menschen nervt, heißt das nicht, dass andere nicht empfänglich für Argumente sind.
Und wenn man Menschen nicht zuhört, obwohl sie gute Argumente haben, weil sie einen „nerven“ dann liegt das Problem auch bei der eigenen Attitüde, nicht bei den anderen.

Wenn es nervt, dass Veganer sich gegen Gewalt an Tieren engagieren, kann man eigentlich nur eins tun, nämlich die Ursache dafür abschaffen: Gewalt an Tieren. Und wenn es dann doch dieses vermeintlichen Ego-Veganer waren, die so eine Show nur abziehen, um sich wichtig zu machen, dann hat man denen zumindest die Grundlage dafür genommen und kann es ihnen damit richtig geben, weil sie sich dann nicht mehr für was Besseres halten können. Das ist doch auch was.
Aber solange Veganer von Gewalt gegen Tiere „genervt“ werden, werden sie auch mit ihrer Kritik daran weiternerven. Fleischesser hören ja auch nicht einfach mit dem Tierausbeutung auf, weil es Veganer nervt.